Landkreis Offenbach: Informationsfreiheitssatzung am 1. Januar in Kraft getreten

Sozial-Datenschutz/ Januar 6, 2023/ alle Beiträge, Informationsfreiheit / Transparenz, Jobcenter Pro Arbeit Landkreis Offenbach/ 3Kommentare

Nach einer langen Vorgeschichte ging es dann doch schnell:

  • Am 07.12.2022 beschloss der Kreistag des Landkreises Offenbach eine kommunale Informationsfreiheitssatzung.
  • Am 01.01.2023 trat sie in Kraft. Wenige Tage später wurde sie auch auf der Homepage des Landkreises veröffentlicht. Und es gibt eine E-Mail-Adresse, die anfragende Bürger*innen nutzen können: informationsfreiheit@kreis-offenbach.de.
  • Und schon am 02.01.2023 hat ein Bürger aus dem Landkreis einen ersten Antrag auf Auskünfte gestellt.

In einer E-Mail, die der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main vorliegt, beantragt er „gemäß § 1 dieser Satzung… mir sämtliche Arbeits- bzw. Dienstanweisungen der Pro Arbeit – Kreis Offenbach – (AöR) für die Bearbeitung von Anträgen und sonstigen Anliegen von Bürger/innen, die Leistungen nach SGB II beantragen oder bereits beziehen, in elektronischer Form, ggf. als PDF-Dateien, zur Verfügung zu stellen. Insbesondere bezieht sich dieser Antrag auf die Arbeits- bzw. Dienstanweisungen zu folgenden Themenbereichen:

  1. Bearbeitung eines Antrags auf Leistungen nach SGB II und die dabei zu beachtenden Fristen,
  2. Umgang mit akut mittellosen Antragsteller/innen,
  3. Entgegennahme und Bearbeitung von Unterlagen, die Antragsteller/innen persönlich abgeben oder die sie dem Jobcenter zusenden,
  4. Prüfung der Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten (KdU),
  5. Umgang mit Wohnraumbeschaffungskosten (Kaution / Wohngenossenschaftsanteil),
  6. Verfügbarkeit und Nutzung von Dolmetscherdienstleistungen,
  7. den Ermittlungsdienst des Jobcenters,
  8. Hausverbotsregelung(en) und
  9. die Tätigkeit der Widerspruchs- bzw. Rechtsbehelfsstelle des Jobcenters und die dabei zu beachtenden Fristen.“

Man darf gespannt sein, ob und wie die mit der (inhaltlich ungenügenden) Informationsfreiheitssatzung verbundenen Selbstverpflichtungen der kommunalen Verwaltung im Einzelfall ernst- und wahrgenommen wird. Mindestens zwei Monate Wartezeit müssen realistisch einkalkuliert werden, weil die Kreisverwaltung in der Satzung „bei Anträgen… abweichend von § 87 Abs. 1 HDSIG die Entscheidung „innerhalb von 2 Monaten“ erfolgen soll.

Die Mängel in der Informationsfreiheitssatzung des Landkreises Offenbach sind unübersehbar:

  • Auf die außergewöhnlich lange Antwortfrist (§ 2 Abs. 2 der Satzung) wurde bereits verwiesen.
  • Der Informationsanspruch wird begrenzt auf „Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises Offenbach und juristischen Personen mit Sitz im Landkreis Offenbach“ sowie auf „Grundbesitzer und Gewerbetreibende im Sinne des § 17 Abs. 2 HKO(§ 1 Abs 1 der Satzung).
  • Damit sind nicht nur Einwohner*innen der an den Landkreis angrenzenden Städte Darmstadt, Frankfurt und Offenbach und Landkreise Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und Main-Kinzig vom Informationsfreiheitsanspruch ausgeschlossen; es wird aber auch eine pseudonymisierte oder anonymisierte Antragstellung unmöglich gemacht.
  • Die Regelung zu den Kosten (§ 3 der Satzung) ist unbefriedigend und für juristisch nicht bewanderte Antragsteller*innen durch den Verweis auf weitere Rechtsgrundlagen nicht durchschaubar.
  • Und nicht zuletzt ist die Informationsfreiheitssatzung – da sie sich ausdrücklich auf die Regelungen in den §§ 80 – 89 HDSIG bezieht – von dessen Mängeln geprägt. Wie groß diese sind, wird beim Blick auf das Transparenzranking 2021 deutlich. Im Vergleich der Bundesländer mit Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetzen liegt Hessen mit seinem seit 25.05.2018 geltenden Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz weit abgeschlagen auf dem letzten Platz. Lediglich Bayern und Niedersachsen – die nach wie vor nicht über Informationsfreiheitsgesetze verfügen – sind in der Bewertung noch hinter Hessen versammelt.

3 Kommentare

  1. Die Beschränkung auf Bürger*innen der eigenen Kommune ist wahrlich speziell. Gibt es so etwas eigentlich irgendwo anders?

    Da braucht es nun eigentlich eine Art FragdenStaat für Offenbach, wo man seine Anfrage einreichen kann, die dann von einem*r Offenbacher*in exakt so „weitergeleitet“ wird.

  2. Frag den Staat braucht also in jeder Gemeinde eine Dépandance, eine juristische Person irgendeiner Form.
    Ist doch ganz einfach, nur nicht einfach zu finanzieren.

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