Jetzt auch Bodycams für die Frankfurter Stadtpolizei?

Datenschutzrheinmain/ Januar 19, 2025/ alle Beiträge, Polizei und Geheimdienste (BRD), Regionales/ 0Kommentare

  • Mit Antrag vom 11.12.2024 (NR 1073) fordert die CDU-Fraktion im Frankfurter Stadtparlament, die Stadtpolizei mit Bodycams auszustatten“. Die CDU möchte damit eine weitere Überwachungsmöglichkeit nutzen, die durch das Gesetz zur Modernisierung des Polizeirechts erst am Tag danach, am 12.12.2024, vom Hessischen Landtag eröffnet wurde.

In der Begründung ihres Antrags erklärt die CDU-Stadtverordnetenfraktion: „Um den Schutz der Einsatzkräfte der Stadtpolizei und der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern, ist die Einführung von Bodycams bei der Stadtpolizei Frankfurt eine notwendige Maßnahme. Die Kameras tragen zur Deeskalation bei und ermöglichen eine transparente und rechtssichere Dokumentation von Einsätzen…“

Dies ist bestenfalls eine Halbwahrheit. Denn auch die Neuregelung in § 14 Abs. 6 HSOG stellt es weitestgehend in das Belieben der Einsatzkräfte, wann sie ihre Kameras einschalten und Bild- und Tonaufnahmen erstellen. Schutz der Bürger*innen vor übergriffigem Verhalten der Einsatzkräfte (oder wenigstens deren Dokumentation) ist im HSOG nicht vorgesehen.

  • Die CDU ist in Frankfurt Oppositionspartei. In Hessen regiert sie zusammen mit ihrem Juniorpartner SPD und hat mit ihr gemeinsam die Neuregelungen im hessischen Polizeirecht beschlossen.
  • Die SPD ist in Frankfurt Teil einer Vier-Parteien-Koalition, in der mit Grünen, FDP und Volt drei Parteien vertreten sind, die in der Vergangenheit hin und wieder (wenn auch nicht ausreichend) mit überwachungskritischen Positionen aufgefallen sind.

Bleiben die Fragen:

  • Wird sich die Koalition im Römer dem CDU-Antrag zustimmen?
  • Oder wird sie nach einer Schamfrist einen eigenen Antrag in dieser Sache präsentieren?

Was nutzen Bodycams? Und wem?

Am 08.08.2022 fielen tödliche Polizeischüsse auf einen 16-jährigen Jugendlichen in Dortmund. Das Dortmunder Internet-Magazin Nordstadt Blogger informierte am 09.8.2022: „Elf größtenteils junge Beamt:innen trafen 15 Minuten später auf dem Kirchengelände ein. Die Kontaktaufnahme zu dem jungen Mann erwies sich als schwierig, da dieser aus dem Senegal kam und nur über schlechte Deutschkenntnisse verfügte. Was genau passiert, ist bisher völlig unklar. Keine Hilfe sind die Körperkameras (‚Bodycams‘), mit denen die Beamt:innen ausgestattet waren – sie waren ausgeschaltet. Bestätigt ist jedoch, dass nach dem Einsatz von Pfefferspray und auch Elektrodistanzwaffen („Tasern“) sechs Schüsse aus einer Maschinenpistole der Dortmunder Polizei fielen. Fünf dieser Schüsse trafen den Jugendlichen in Schulter, Unterarm, Kiefer und Bauch…“

Das wirft die Frage auf: Wozu braucht die Polizei Bodycams, wenn sie mindestens vor Schusswaffengebrauch nicht zu Beweiszwecken aktiviert werden (müssen)? Mit dieser Frage hat sich der Kriminologe Thomas Feltes befasst.

In einem Interview mit dem MDR im November 2022 wird Feltes gefragt: Bodycams wurden in den USA nach jahrelangen Forderungen von Bürgerrechtsbewegungen eingeführt, um vor allem Nichtweiße vor teils massiver Polizeigewalt zu schützen. Welche Rolle spielte der Gedanke bei der Einführung von Bodycams für die Polizei in Deutschland?“ Seine Antwort: Keine. Oder anders formuliert: Man hat erkannt, dass Bodycams zur Kontrolle polizeilichen Handelns genutzt werden können und das wollte man nicht. Man hat einen faulen Kompromiss gefunden: Bodycams ja, aber nur aus ‚präventiven Gründen‘. Das heißt, um Gewalt gegen Polizisten zu verhindern, nicht umgekehrt. Auf die Idee, dass man auch exzessive Polizeigewalt präventiv verhindern könnte, kam man nicht.“

Und zur Frage „Wenn die Polizei hierzulande die Hoheit darüber behält, wann und ob ihre Bodycams eingeschaltet werden, um möglicherweise zu verhindern, dass das Material auch gegen sie selbst verwendet werden kann – ist die Einführung in Deutschland aus rechtsstaatlicher Sicht gescheitert?“ antwortet er: Ja, wobei das Scheitern absehbar und gewollt war, weil die Bodycam nur präventiv eingesetzt werden darf. Politiker aller Parteien wollten sich nicht gegen die Lobby der Polizeigewerkschaften durchsetzen und die Bodycam generell zur Dokumentation polizeilicher Maßnahmen vorsehen. Ein Armutszeugnis, weil damit auch der Polizei selbst ein Mittel genommen wird, ihr Handeln zu dokumentieren und zu rechtfertigen.“

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