„Ich sehe was, was Du nicht möchtest“ – oder: Drohnen über Nachbars Garten

Datenschutzrheinmain/ Februar 12, 2016/ alle Beiträge, Videoüberwachung/ 0Kommentare

Drohnen sind eine Pest! Nicht nur, wenn sie von Militärs genutzt werden, um Menschen, die Tausende Kilometer vom Drohnenlenker entfernt leben, zu ermorden, ohne dass es zuvor ein rechtstaatliches Gerichtsverfahren gegeben. Mal abgesehen davon, dass die Todesstrafe einen Rechtsstaat und einem humanistischen Strafvollzug widerspricht.

Drohnen sind auch dort eine Pest, wo Leute meinen, mit Drohne und Kamera für wenig Geld mal eben über Mauern und Zäune hinweg Nachbarn in den Garten, auf den Balkon (und ins Schlafzimmer) spähen zu können.

Rechtsgrundlagen zur Nutzung von Drohnen von Drohnen gibt es kaum. Datenschutzaufsichtsbehörden sehen sich nicht zum Handeln gezwungen. Der Düsseldorfer Kreis (die Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich) „fordert daher Drohnenbetreiber auf, grundsätzlich niemanden ohne seine Einwilligung zu filmen und die Privatsphäre anderer zu achten. Private Nutzer dürfen Drohnen mit Foto- oder Videoausrüstung nur in solchen Bereichen einsetzen, in denen eine Verletzung von Rechten Dritter ausgeschlossen werden kann.“ Der Satz liest sich wie das Eingeständnis: Wir können / wollen hier nachteilig Betroffenen nicht hilfreich zur Seite stehen.

Erfreulicherweise hat das Amtsgericht Potsdam in einem (vermutlich erstmaligen) Urteil zur Problematik privater Drohnenbesitzer überwacht Privatgrundstück Dritter Stellung genommen.

Der Sachverhalt: „Der Kläger ist Alleineigentümer des Grundstücks… das durch eine hohe Hecke vor Einsicht von den Nachbargrundstücken geschützt ist. Am 9.7.2013 gegen 10.30 Uhr verweilte die Lebensgefährtin des Klägers … im Garten lesend auf einer Sonnenliege. Der Beklagte startete zeitgleich eine Flugdrohne von seinem Grundstück aus. Die Zeugin… begab sich daraufhin auf die Straße und traf dort den Beklagten mit zwei Nachbarn… an. Der Beklagte bediente gerade die Flugdrohne und bestätigte der Klägerin auf Nachfrage, dass diese mit einer Kamera ausgerüstet sei.“

Der Urteilstenor: „Der Beklagte hat durch den Überflug der von ihm gesteuerten Flugdrohne unter Fertigung von Bildern in Echtzeitübertragung über das klägerische Grundstück in das Persönlichkeitsrecht des Klägers eingegriffen… Der Eingriff des Beklagten in die so geschützte Privatsphäre des Klägers ist auch nicht gerechtfertigt. Die Handlungsfreiheit des Beklagten, seine Drohne hobbymäßig herumfliegen zu lassen, hat hinter der geschützten Privatsphäre Dritter zurückzutreten, zumal es genug Flächen und Räume gibt, in denen der Beklagte seinem Hobby nachgehen kann, ohne Dritte zu stören. Zwar wird in der Literatur die Ansicht vertreten, dass wegen der grundsätzlichen Zulässigkeit der Nutzung des bodennahen Luftraums durch Modellflugzeuge und ähnliches gemäß § 1 Abs. 1 LuftVG ein lückenloser Schutz gegen Einsichtnahme bei Grundstücken innerhalb bebauter Gebiete nicht gegeben sein könne… Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Drohnen sind anders als die in § 1 Abs. 1 LuftVG genannten Flugobjekte mit Kameras ausgestattet. Wenn wie hier ein Grundstück gegen fremde Blicke erkennbar abgeschirmt ist, hat die Handlungsfreiheit in Bezug auf die Ausführung eines solchen ‚Hobbies‘ gegenüber der Privatsphäre zurückzutreten. Es geht hier nicht um ein Flugverbot oder um das Untersagen einer kindlich-unschuldigen Freizeitbeschäftigung wie beispielsweise einen Drachen steigen lassen oder ein Modellflugzeug per Fernbedienung zu steuern, sondern um das Unterlassen einer Persönlichkeitsbeeinträchtigung durch das Ausspähen mit einer kameraausgestatteten Drohne…“

Das Urteil des Amtsgerichts Potsdam (Aktenzeichen 37 C 454/13) kann hier im Wortlaut nachgelesen werden.

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