Hausbesuche bei Jobcenter-„KundInnen“: „Wie wird die Schmutzwäsche der Bewohner aufbewahrt (getrennt / gemeinsam)?“

Datenschutzrheinmain/ März 28, 2017/ alle Beiträge, Jobcenter Frankfurt, Sozialdatenschutz/ 0Kommentare

Auszug aus einem „Fragenkatalog zur Überprüfung einer Wohn-/Wirtschaftsgemeinschaft durch Inaugenscheinnahme des Ermittlungsdienstes“ des Jobcenters Berlin Tempelhof-Schöneberg

Ob der „Fragenkatalog zur Überprüfung einer Wohn-/Wirtschaftsgemeinschaft durch Inaugenscheinnahme des Ermittlungsdienstes“ des Jobcenters Berlin Tempelhof-Schöneberg den datenschutz- und sozialrechtlichen Vorgaben entspricht, darf bezweifelt werden. Bekannt wurde er durch eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz, die über die Homepage FragDenStaat.de gestellt wurde. Das Jobcenter Berlin Tempelhof- Schöneberg hat daraufhin seine internen Arbeitsanweisungen veröffentlicht.

Auch das Jobcenter Frankfurt, das ebenso wie die Jobcenter in Berlin in gemeinsamer Trägerschaft von Bundesagentur für Arbeit und jeweils zuständiger Kommune betrieben wird, unterliegt dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Trotzdem hat das Jobcenter Frankfurt eine über die Homepage FragDenStaat.de am 20.10.2016 gestellte Anfrage auch nach mehr als fünf Monaten nicht beantwortet. Es kann daher derzeit – außer den Jobcenter-Beschäftigten selbst – niemand wissen, ob in Frankfurt ähnliche Verfahrensweise gebräuchlich sind wie in Berlin.

Für die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main war dies Anlass, sich mit einer Beschwerde über die <Auskunftssperre> des Jobcenters Frankfurt an die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zu wenden. Auf die Antwort darf man gespannt sein…

§ 6 Abs. 1 Satz 2 SGB II ermächtigt die Leistungsträger im Bereich der Gewährung von Arbeitslosengeld II zwar, einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch“ einzurichten. Dieser kann sich aber nicht über datenschutz- und persönlichkeitsrechtliche Normen hinwegsetzen.

Das Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hat dazu in einer Veröffentlichung festgestellt: „Viele Behörden sind sich der damit verbundenen datenschutzrechtlichen Konsequenzen gar nicht bewusst… Der Mensch hat nach Artikel 1 Abs. 1 i.V.m. Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Privat-, Geheim- und Intimsphäre des Menschen wird dadurch geschützt. Die Sozialträger haben nur in ganz bestimmten Fällen ein Recht auf Durchführung eines Hausbesuches, doch auch dann muss die Verwaltung Artikel 13 GG, die Unverletzlichkeit der Wohnung, beachten. Dieses Grundrecht ist ein Individualrecht. Jeder Betroffene, bei dem ein Hausbesuch durchgeführt werden soll, kann der Behörde den Zutritt zur Wohnung verweigern…“ Auf dieser Grundlage hat das ULD eine umfangreiche Stellungnahme sowie Mustertexte für eine Dienstanweisung und für zu verwendende Formulare erstellt und veröffentlicht.Würde nicht schaden, wenn Jobcenter vor dem Erlass von Arbeitsanweisungen mal reinschauen würden…

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