Gesetz zur Neustrukturierung des Polizeirechtes des Freistaates Sachsen teilweise verfassungswidrig

Datenschutzrheinmain/ Januar 25, 2024/ alle Beiträge, Polizei und Geheimdienste (BRD), Telekommunikations-Überwachung, Videoüberwachung/ 2Kommentare

Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat durch Urteil vom 25.01.2024 entschieden, dass verschiedene Vorschriften des seit dem 01.01.2020 geltenden Gesetzes zur zur Neustrukturierung des Polizeirechtes mit der Verfassung des Freistaates Sachsen nicht vereinbar sind. Der Normenkontrollantrag von 35 Mitgliedern des Sächsischen Landtages aus den Fraktionen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat damit teilweise Erfolg. Der Verfassungsgerichtshof hat die beanstandeten Normen nicht für nichtig, sondern für mit der Verfassung des Freistaates Sachsen unvereinbar erklärt. Diese gelten damit – befristet bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber und versehen mit Maßgaben des Verfassungsgerichtshofes – fort. Für eine Änderung des verfassungswidrigen Gesetzes wurde dem Sächsischen Landtag eine Frist bis zum 30.06.2026 gesetzt.

Der Fraktionsvorsitzende und rechtspolitische Sprecher der Linksfraktion in Sachsen, Rico Gebhardt, stellt dazu fest: „…Das ist eine Klatsche für die CDU-Innenpolitik. Das Urteil zeigt dem Gesetzgeber klare Grenzen auf… Das Gericht stärkt damit die Bürgerrechte im Freistaat. Insbesondere Maßnahmen zur heimlichen Überwachung wie etwa die Telekommunikationsüberwachung, bestimmte Observationen sowie der Einsatz von Verdeckten Ermittlern und sogenannten Vertrauenspersonen ist nur noch zulässig, wenn damit besonders gewichtige Rechtsgüter geschützt werden und im Einzelfall eine hinreichend konkrete Gefahr absehbar ist. Demnach reicht eine vage Prognose, dass eine Gefahr eintreten oder eine Person eine Straftat vorbereiten könnte, in der Regel nicht aus, um besonders weitreichende Instrumente einzusetzen – zu tief ist der damit verbundene Grundrechtseingriff und zu groß ist die Gefahr, Unbescholtene zu treffen…“

Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen Fraktion in Sachsen, erklärt: „…Der Verfassungsgerichtshof hat schwere Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis und das Recht auf Datenschutz weit im Vorfeld von Straftaten für verfassungswidrig erklärt und die Videoüberwachung im öffentlichen Raum eingeschränkt. Mit der Entscheidung hat der Verfassungsgerichtshof dem Gesetzgeber klare Grenzen für die Ausgestaltung polizeilicher Befugnisse gesetzt… Über eine andere zentrale Kritik am Polizeigesetz hat der Verfassungsgerichtshof gar nicht mehr entscheiden müssen. Der Paragraf 59 Sächsisches Polizeivollzugsdienstgesetz, der die biometrische Videoüberwachung zur Verhütung grenzüberschreitender Kriminalität ermöglichte, ist… außer Kraft getreten und wird nicht wieder das Licht der Welt erblicken… Auch in Hinblick auf die Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Räumen… ist das Urteil aus unserer Sicht ein Erfolg. Denn die Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter haben klargestellt, dass Anlass, Zweck und Grenzen der Maßnahme im Gesetz bestimmt sein müssen und dass dies nicht der Einschätzung der einzelnen Polizeibehörden obliegen darf. Ebenso sind Teil der Datenverarbeitungsbefugnisse der Polizei beanstandet worden…“

2 Kommentare

  1. Im Dezember 2020 hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) beim Bundesverfassungsgericht Verfassungsbeschwerde gegen das novellierte Sächsische Polizeigesetz (SächsPVDG) erhoben. Gemeinsam mit Journalist*innen, Rechtsanwält*innen, einem Fußballfan und einer Sozialarbeiterin klagt sie gegen schärfere Überwachungsinstrumente.
    Über diese Klage ist noch nicht entschieden.
    Infos dazu hier: https://freiheitsrechte.org/themen/freiheit-im-digitalen/ausufernde-uberwachung-gesichtserkennung-und-handgranaten-fur-die-polizei
    Die Klageschrift im Wortlaut hier: https://freiheitsrechte.org/uploads/documents/Freiheit-im-digitalen-Zeitalter/Ueberwachung-Gesichtserkennung-und-Handgranaten/Beschwerdeschrift_VB_Sachsen_geschwaerzt-2.pdf

  2. 06.02.2024 | Polizei
    Ebling will Polizei mit neuem Gesetz für 21. Jahrhundert aufstellen
    Innenminister Michael Ebling hat den Regierungsentwurf zum neuen Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG) vorgelegt, der im Ministerrat beraten wurde. Mit einem ‚Polizeigesetz auf der Höhe der Zeit‘ soll der moderne Handlungsrahmen geschaffen werden, um die rheinland-pfälzische Polizei für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts zu rüsten.

    https://mdi.rlp.de/service/pressemitteilungen/detail/ebling-will-polizei-mit-neuem-gesetz-fuer-21-jahrhundert-aufstellen

    Ebling hat Pläne für Polizeigesetz vorgestellt
    Polizei in RLP soll Bodycams auch in Wohnungen einsetzen dürfen
    Stand 6.2.2024, 20:14 Uhr
    Dirk Rodenkirch
    Innenminister Michael Ebling (SPD) hat den Entwurf für ein neues Polizeigesetz in Rheinland-Pfalz vorgestellt. Darin wird etwa der Einsatz von Bodycams, Monocams und elektronischen Fußfesseln neu geregelt.

    Die Polizei in Rheinland-Pfalz soll unter anderem neue technische Möglichkeiten verstärkt nutzen können. Dazu gehört etwa der Einsatz von Bodycams, der erweitert werden soll. Polizistinnen und Polizisten sollen die kleinen Kameras, die sie an der Uniform tragen, auch bei Einsätzen in Wohnungen benutzen dürfen. So könne der Schutz für die Polizeikräfte verbessert werden, sagte Ebling bei der Vorstellung des Entwurfs für ein neues Polizeigesetz.

    https://www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/fussfessel-bodycams-monocam-ebling-plaene-neues-polizeigesetz-rlp-100.html

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