E-Evidence-Verordnung der EU: Datenschutzbeauftragte von Bund und Ländern kritisieren die Pläne der EU-Kommission zur Herausgabe elektronischer Beweismittel
Mit ihrem Vorschlag für eine E-Evidence-Verordnung (Verordnung über Europäische Herausgabeanordnungen und Sicherungsanordnungen für elektronische Beweismittel in Strafsachen) möchte die EU-Kommission eine Alternative zum förmlichen Rechtshilfeverfahren schaffen und den Ermittlungsbehörden einen schnelleren Zugang zu Kommunikationsdaten ermöglichen. Die Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten sollen die Befugnis erhalten, Anbieter von Telekommunikations-und Internetdienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten der EU und auch in Staaten außerhalb der EU (Drittstaaten) unmittelbar zur Herausgabe von Bestands-, Zugangs-, Transaktions- und Inhaltsdaten zu verpflichten.
In einer Stellungnahme vom 07.11.2018 hat die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder die E-Evidence-Verordnung scharf kritisiert und ihre Rücknahme gefordert.
In der Stellungnahme wird u. a. festgestellt: „Erstmals im Bereich der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen soll die Herausgabe von Daten nicht mehr davon abhängig sein, ob die verfolgte Tat dort, wo die Daten ersucht werden, überhaupt strafbar ist. Im Ergebnis könnten Unternehmen mit Sitz in Deutschland also zur Herausgabe von Daten an Ermittlungsbehörden in anderen EU-Mitgliedstaaten verpflichtet werden, obwohl die verfolgte Tat in Deutschland überhaupt keine Straftat ist. Das könnte zum Beispiel ein in Deutschland erlaubter Schwangerschaftsabbruch sein oder eine politische Meinungsäußerung, wenn diese im ersuchenden Staat strafbewehrt ist. Zu befürchten ist hierbei auch, dass Drittstaaten die Regelung der EU als Blaupause für eigene Regelungen heranziehen werden. Provider in EU-Mitgliedstaaten würden sich dann vermehrt Herausgabeanordnungen von Drittstaaten ausgesetzt sehen, mit denen möglicherweise Straftaten aus einer völlig anderen Rechtstradition verfolgt werden. Kritisch sieht die DSK auch, dass im Regelfall jegliche Information und Beteiligung der Justizbehörden des Staates, in dem der Provider seinen Sitz hat, unterbleibt und damit ein wichtiges verfahrensrechtliches Korrektiv fehlt. Ob die Rechtmäßigkeit eines Ersuchens überprüft wird, hängt im vorgeschlagenen Verfahren ausschließlich vom Verhalten der Provider ab. Nur wenn sich das Unternehmen weigert, Daten zu übermitteln, muss der ersuchende Staat bei den Behörden vor Ort um Vollstreckungshilfe bitten. Nur dann können diese noch in das Verfahren eingreifen. Werden Daten herausgegeben, erlangen die zuständigen Justizbehörden hiervon jedoch keine Kenntnis. Der Vorschlag sieht keine Informationspflicht gegenüber den Behörden am Sitz des Unternehmens vor. Provider verfolgen aber in der Regel wirtschaftliche Interessen und unterliegen in ihren Entscheidungen anderen Verpflichtungen als die Justizbehörden Hierdurch werden Betroffene deutlich schlechter gestellt… Besonders kritisch ist jedoch, dass in Deutschland Telekommunikationsdienstleister verpflichtet sind, u.a. sämtliche Verkehrsdaten für zehn Wochen zu speichern. Aus diesen Daten lassen sich genaue Schlüsse auf das Privatleben der Betroffenen, insbesondere deren Kontakt- und Interessenprofil ziehen. Die Problematik dieser sog. Vorratsdatenspeicherung verschärft sich deutlich, wenn ausländische Strafverfolgungsbehörden einen direkten Zugriff auf derartige Informationen erhalten.“
Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder appelliert daher an alle im Gesetzgebungsverfahren Beteiligten, den Vorschlag für eine E-Evidence-Verordnung zu stoppen.