Body-Cam Einsatz durch die Hessische Polizei – Wundermittel oder Technik-Übermaß?

Schuetze/ Juli 27, 2015/ alle Beiträge, Hessische Landespolitik, staatliche Überwachung / Vorratsdatenspeicherung, Videoüberwachung, Videoüberwachung in der Region/ 0Kommentare

An diesem Wochenende (im Juli 2015) veröffentlicht der Hessische Rundfunk auf seiner Homepage einen Beitrag zu dem Einsatz von Schulterkameras (Body-Cams) durch die Hessische Polizei, Link.
Insgesamt erscheint die Darstellung wie eine Werbemaßnahme für diese neue Technik.
Grund genug, etwas genauer hinzu schauen:

1. „Ein Polizist beobachtet das Gespräch seiner Kollegen mit den aufgekratzten Jugendlichen. Jederzeit könnte er die Aufnahme starten, …“ Es ist sehr erfreulich, dass die gesetzlichen Grenzen für die polizeiliche Überwachung mithilfe von Schulterkameras eingehalten werden. Denn erst wenn es zu Übergriffen gegen die Beamten kommt, dürfen sie aktiviert werden.

Da in der Zwischenzeit bereits nachgedacht wurde über die umfassende Erweiterung dieser Form der polizeilichen Überwachung, beruhigt es, dass – nach so viel Lob durch die Beamten und unbedarften Kneipenbesucher – der aktuelle gesetzliche Rahmen völlig ausreichend ist. Das, was hier die Polizei und die Betroffenen bestätigen, hatten dieDatenschützer Rhein Main bereits im letzten Jahr eindringlich gefordert, Link.

„Dass künftig der Ton mitgeschnitten werden soll, sei zwar gut, um Beleidigungen zu dokumentieren. Der präventive Erfolg der Body-Cam werde aber allein durch die Filmaufnahme erzielt, sagt der Polizist.“

Auch dieses Votum erklärt eindeutig, dass jede Erweiterung des Einsatzes von Body-Cams keinen Zugewinn an Sicherheit bedeuten wird.

2. „Die Kamera schrecke viele potenzielle Schläger ab.“ So die Aussage eines Polizisten. dieDatenschützer Rhein Main bedanken sich für diese Bestätigung; denn: Überwachung verändert Bürgerverhalten.

Nur in sehr engen gesetzlichen Grenzen, darf der Staat auf Bürgerverhalten Einfluss nehmen. In einem demokratischen Gemeinwesen ist es nämlich im Regelfall umgekehrt: dass die Bürger Einfluss auf die Politik des Staates nehmen. Überwachungsmaßnahmen müssen daher in sehr engen und den Umständen nach verhältnismäßigen Grenzen bleiben.

3. „Ein paar Jugendliche beginnen, sich zu schubsen. Die Polizisten halten sie auf und kontrollieren ihre Ausweise. Der Polizist [mit Schulterkamera] bringt sich in zwei Metern Entfernung in Stellung.“ Dieser Punkt macht deutlich, dass neben übelicherweise paarweise agierenden Polizisten ein Dritter hinzukommt, der mit der Schulterkamera ausgestattet ist und außerhalb der Konfliktzone den Einsatz dieser Technik steuert.

dieDatenschützer Rhein Main stellen hier die Frage, ob der Zugewinn an Sicherheit nicht gleich groß, oder gar größer wäre, wenn dieser 3. Polizist aktiv in das Geschehen mit eingreifen würde; so  wie hier bleibt einer der Beamten zum Zuschauen und Filmen immer außen vor. Eine Frage, die die Erforderlichkeit und damit die Verfassungskonformität der aktuellen gesetzlichen Bestimmungen zum Body-Cam Einsatz infrage stellen.
Eine Frage, die der tendenziös arbeitende HR-Reporter zu stellen versäumt hat.
Roland Schäfer

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