Bamberg: Oberbürgermeister wg. Mißbrauch von Melderegister-Daten für persönliche Zwecke zu Geldstrafe verurteilt

Datenschutzrheinmain/ Januar 18, 2021/ Adresskauf, alle Beiträge, Hessische Landespolitik/ 3Kommentare

Im Zuge des Wahlkampfes zur Wahl des Oberbürgermeisters 2020 hat die SPD in Bamberg an wahlberechtigte EU-Bürger ohne deutsche Staatsbürgerschaft in ihrer jeweiligen Landessprache Wahlwerbung versandt. Die Adressdaten wurden unter Angabe der Staatsangehörigkeit vom Ordnungsamt der Stadt Bamberg an die SPD übergeben. Wie es der Zufall will: Oberbürgermeister (seit 01.05.2006) und damit Dienstherr der Beschäftigten der Stadtverwaltung ist Andreas Starke (SPD). Er kandidierte 2020 erneut für die Funktion des Oberbürgermeisters.

Eine Herausgabe von Adressdaten an Parteien und Wählergruppen ist im Zuge der Wahlwerbung grundsätzlich zulässig, so § 50 Abs 1 Bundesmeldegesetz (BMG). Sechs Monate vor öffentlichen Wahlen dürfen auf Antrag von Parteien oder Wählergruppen Vor- und Familiennamen sowie die aktuellen Adressen von Wahlberechtigten an diese herausgegeben werden (§ 44 Abs. 1 BMG) – aber keine Angaben zur Staatsbürgerschaft.

In einer auf der Homepage der Stadt Bamberg veröffentlichten Erklärung von OB Starke wird dieser zitiert mit den Aussagen: „Das Amtsgericht Bamberg hat einen Strafbefehl wegen angeblicher Verletzung eines Dienstgeheimnisses im Zuge der Kommunalwahl 2020 erlassen. Auch wenn die Geldstrafe nur 60 Tagessätze beträgt, habe ich sofort Einspruch eingelegt… Dieser Strafbefehl beruht darauf, dass ich wahlberechtigte Bürger in ihrer Muttersprache angeschrieben hatte, nachdem von der zuständigen Meldebehörde die förmlich angefragten Daten übermittelt worden waren. Den damit verbundenen Vorwurf, bewusst gegen das Meldegesetz verstoßen zu haben, weise ich zurück.“

So weit, so schlecht! Eine Provinzposse? Nein!

Auch Namen und Wohnadressen sind geschützte personenbezogene Daten. Leider lässt § 50 BMG aber nicht nur die Herausgabe

  • dieser Daten an Parteien und Wählergruppen zu (§ 50 Abs. 1 BMG), sondern auch
  • von Namen, Anschriften und Geburtags- bzw. Ehejubiläumsdaten von Menschen ab 70 und von Ehepaaren ab 50. Hochzeitstag an Mandatsträger und Medien (§ 50 Abs. 2 BMG) sowie
  • von Namen und Anschriften aller volljährigen Menschen an Adressbuchverlage (§ 50 Abs. 3 BMG).

Widerspruch gegen die Weitergabe von Adressdaten einlegen!

Wer das nicht möchte, hat nach § 50 Abs. 5 BMG die Möglichkeit, den diesen Datenweitergaben zu widersprechen. Wie das Widerspruchsrecht gegen die Weitergabe von Meldedaten ausgestaltet ist, hat z. B. Die Stadt Köln auf ihrerHomepage dargestellt. In anderen Städten und Gemeinden gelten vergleichbare Regeln.

Bedingt durch die Folgen der Corona-Pandemie für die Wahlwerbung ist in diesem Jahr damit zu rechnen, dass bei allen Kommunal-, Landtags- und der Bundestagswahl – stärker als bei früheren Wahlen – Parteien und Wählergruppen jedweder Couleur die Nutzung von Adressdaten für Wahlwerbung einplanen. Wer dem einen Riegel vorschieben möchte, sollte dies rechtzeitig tun. Für die Kommunalwahlen in Hessen am 14.03.2021 dürfte es dafür in vielen Fällen leider schon zu spät sein.

Sonderrechte auch für die Bundeswehr!

In § 58c Abs. 1 Soldatengesetz verbirgt sich eine Regelung, die die Bundeswehr bevorzugt gegenüber allen anderen öffentlichen Stellen und gegenüber privaten Firmen beim Versuch, junge und unverbrauchte Arbeitskräfte zu gewinnen. Dort heißt es: Zum Zweck der Übersendung von Informationsmaterial… übermitteln die Meldebehörden dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr jährlich bis zum 31. März folgende Daten zu Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die im nächsten Jahr volljährig werden:

  1. Familienname,
  2. Vornamen,
  3. gegenwärtige Anschrift.“

Die Datenübermittlung unterbleibt nur dann, wenn die Betroffenen dem nach § 36 Abs. 2 BMG widersprochen haben. Stellt sich die Frage, wie viele der von dieser Regelung Betroffenen davon wissen, dass sie der Weitergabe ihrer Daten widersprechen dürfen?

3 Kommentare

  1. Zwei Ergänzungen zu Ihrem Bericht:

    Erstens:
    Auch die Stadt Bamberg informiert in ihrer Internet-Präsenz über die Möglichkeit einer Auskunftssperre. Aber längst nicht so umfangreich und komfortabel wie die Stadt Köln.
    https://www.stadt.bamberg.de/B%C3%BCrgerservice/Rathaus-Service/Dienstleistungen/Auskunftssperre-%C3%9Cbermittlungssperre-Beantragung-der-Eintragung.php?object=tx,2730.2.1&ModID=10&FID=329.3249.1&NavID=2730.234&La=1&ort=&sfwort=1

    Zweitens:
    Weil es rechtswidrig ist, die Staatsangehörigkeit anzufordern, nahm die Staatsanwaltschaft Coburg Ermittlungen auf. Das Ergebnis: Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass unser OB Starke selbst die Herausgabe der Daten anforderte.
    Das meldet https://www.nordbayern.de/region/bamberg/datenschutz-skandal-emporung-im-bamberger-stadtrat-1.10739063?utm_content=buffer56216&utm_medium=social&utm_source=twitter.com&utm_campaign=buffer

  2. Es ist schon bemerkenswert zu welchen Mitteln Amtsträger einer Partei greifen (vermutlich aus purer Not heraus), welche sich als Volkspartei längst verabschiedet hat. Und wider hallt der Ruf: Wer hat uns verraten…

  3. ein weiterer Missbrauch

    von und mit
    Corona-Daten

    Es werden somit mehr Daten verarbeiten bzw. weitergegeben, als dies von der gesetzlichen Grundlage des § 7 Coronavirus-Impfverordnung gedeckt ist. Auch die DSGVO bietet für die Weitergabe dieser zusätzlichen Daten keine Rechtsgrundlage. Weder aus Art. 9 Abs. 2 noch aus Art. 6 Abs. 1 DSGVO kann eine entsprechende Regelung hergeleitet werden.

    Auch unklar ist, warum die Datenübermittlung über die Kassenärztlichen Vereinigungen erfolgen soll. Da Krankenhäuser als „Erfüllungsgehilfen“ der Impfzentren agieren, können diese die Meldung direkt an das RKI absetzen, in der gleichen Weise, wie dies bei meldepflichtigen Krankheiten (§ 6 IFSG) bzw. meldepflichtigen Nachweisen von Krankheitserregern (§ 7 IFSG) bereits erfolgt.

    https://www.datenschutz-notizen.de/corona-impfung-aber-bitte-datenschutzkonform-2528602/

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