Bad Mergentheim: CDU-Fraktion beschließt unrechtmäßige Videoüberwachungsanlage

Datenschutzrheinmain/ September 30, 2018/ alle Beiträge, Videoüberwachung/ 1Kommentare

Die Zeitung Fränkische Nachrichten berichtet am 29.09.2018 über eine Provinzposse: Wohl wissend, dass der Bahnhofsplatz nicht als offizieller Kriminalitätsschwerpunkt gilt, fordert die CDU für diesen eine Videoüberwachung. Das Polizeipräsidium Heilbronn stuft ihn nicht als Kriminalitätsschwerpunkt, gemäß rechtlich vorgegebener Kriterien, ein. Und das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart sagt, dass hier eine Videoüberwachung ohne rechtliche Grundlage nicht zulässig ist…“ Aber: „‚Die CDU meint, eine Videoüberwachung am Bahnhofsplatz ist nötig‘, leitete Fraktionschef Andreas Lehr die kontroverse Debatte ein und begründete den CDU-Antrag mit einem ‚Signal für mehr Sicherheit‘ in der Stadt… Josef Wülk (Freie Wähler) … lehnte aber die Videoanlage ab, weil sie hier gegen das Gesetz sei: ‚Bad Mergentheim ist eine der sichersten Städte in Baden-Württemberg und es gibt am Bahnhof laut Polizei keinen Kriminalitätsschwerpunkt!‘ Dr. Klaus Hofmann (CDU) verteidigte wiederum den Antrag, ‚weil dort einiges passiert’… Der Rathaus-Chef kündigte zudem seinen Widerspruch kraft Amtes an, wenn der CDU-Antrag mit der Videoüberwachung beschlossen würde, weil das RP dafür die rechtliche Grundlage nicht als gegeben sieht…“

Zum Antrag der CDU-Fraktion lag eine eindeutig ablehnende Stellungnahme der Stadtverwaltung vor: Dem Antrag der CDU-Fraktion zur Überwachung des Bahnhofplatzes kann aus rechtlichen Gründen nicht gefolgt werden… Mit der Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Orte werden personenbezogene Daten (Lichtbilder) erhoben und gespeichert. Damit bewegt man sich in einem sensiblen Bereich des Datenschutzes. Jeder Mensch hat das Recht, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, ohne dass sein Verhalten permanent mit Hilfe von Kameras beobachtet oder aufgezeichnet wird. Videoüberwachungsmaßnahmen greifen daher in schwerwiegender Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen ein und sind nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung benötigt eine solche Datenerhebung einer entsprechenden Rechtsgrundlage. Rechtsgrundlage für die stationäre Videoüberwachung öffentlicher Flächen durch die Ortspolizeibehörde ist § 21 Abs. 3 Polizeigesetz für Baden-Württemberg (PolG). Diese Norm stellt an die Videoüberwachung hohe Anforderungen, insbesondere ist die Überwachung nur an Kriminalitätsschwerpunkten zulässig…“

All dies hat die Mitglieder der CDU-Fraktion nicht beeindruckt. Als größte Fraktion im Gemeinderat der Stadt Bad Mergentheim stimmten sie für ihren Antrag – auch gegen das Votum des Oberbürgermeisters Udo Glatthaar, Mitglied der CDU.

1 Kommentar

  1. Eindeutig sichtbar ist hier die Ignoranz der CDU-Politiker gegenüber dem Gesetz. Ich verstehe nicht, wieso hier kein Vorsatz zum Rechtsbruch ersichtlich ist und dies strafrechtlich verfolgt wird, was zu einer entsprechenden Strafe führt.
    Jeder normale Bürger bekommt eine Geld- oder Haftstrafe, wenn er bewußt und vorsätzlich Gesetze ignoriert. Oft sogar, wenn er dies unbewußt in Unkenntnis macht. Im Falle von Politikern gilt hier wirklich der Spruch er „sei nur seinem Gewissen unterworfen“ und keinen Gesetzen.

    Eine Schande, das sich keiner mehr darüber aufregt. Vor 20 Jahren wären solche „Politiker“ noch aus dem Amt verbannt worden, hätte es Proteste der Bürger gegeben. Heute? Keinen interessierts. Alle applaudieren, da es keine Straftaten mehr am Bahnhof gibt.
    Wie? Vorher gabs auch keine? Ach was, wen interessieren Details.

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