Auskunftsanspruch von Patient*innen in der Heilbehandlung – eine Stellungnahme des Datenschutzbeauftragten aus Rheinland-Pfalz

Datenschutzrheinmain/ Februar 28, 2020/ alle Beiträge, Gesundheitsdatenschutz/ 0Kommentare

„Nach Wirksamwerden der Datenschutz-Grundverordnung im Mai 2018 wurde verstärkt die Frage aufgeworfen, ob sich der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch nach Art. 15 DS-GVO im Rahmen der Heilbehandlung auch auf die Bereitstellung einer vollständigen Kopie der Behandlungsdokumentation erstreckt. Die Angelegenheit hat für die Praxen hinsichtlich der dabei anfallenden Kosten eine praktische Relevanz: denn anders als nach § 630g Abs. 2 Satz BGB und den jeweiligen Berufsordnungen vorgesehen wäre eine auf Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DS-GVO gestützte Kopie zumindest in der ersten Ausfertigung für die Betroffenen unentgeltlich. Im Ergebnis ist dies nach Ansicht des LfDI Rheinland-Pfalz aufgrund der besonderen Umstände im Bereich der Heilbehandlung der Fall, wenn dies dem Auskunftsbegehren des Patienten entspricht. Unerheblich ist, ob sich die Patienten dabei ausdrücklich auf ihr Auskunftsrecht nach Art. 15 DS-GVO berufen oder nicht. Verankert ist das Einsichts- und Auskunftsrecht an mehreren Stellen: einerseits im Berufsrecht (vgl. § 10 Abs. 2 der Berufsordnung für Ärzte in Rheinland-Pfalz und § 11 der Berufsordnung für Psychotherapeuten in Rheinland-Pfalz), darüber hinaus im Vertragsrecht (§ 630g BGB) und im allgemeinen Datenschutzrecht (Art. 15 DS-GVO). Den Patienten steht danach ein einklagbarer Rechtsanspruch auf Einsicht in und Auskunft aus sämtlichen ihn betreffenden Krankenakten zu, ohne dass dies vor der Behandlung vereinbart werden muss. Der Rechtsanspruch gilt auch nach Abschluss der Behandlung. Der Patient kann zugleich die Anfertigung von Kopien verlangen. Lediglich hinsichtlich der Frage der Kostenerstattung unterscheiden sich die Vorgaben aus dem Berufs- und Vertragsrecht (Kopie mit Kostenerstattung) von denen aus dem Datenschutzrecht (erste Kopie unentgeltlich). Mit der Positionierung des LfDI Rheinland-Pfalz zur Auslegung des Art. 15 Abs. 3 DS-GVO im Bereich der Heilbehandlung haben die betroffenen Praxen im Lande nun eine klare und nachvollziehbare Orientierung bei der Behandlung derartiger Anliegen ihrer Patienten. Einschränkungen des Zugangsrechts ergeben sich nach der gegenwärtigen Rechtslage lediglich dann, wenn entweder erhebliche Persönlichkeitsrechte Dritter dagegen stehen oder aus therapeutischen Gründen eine Einsichtnahme für den Betroffenen zu einer erheblichen Gesundheitsgefahr führen würde. Begehrt der Patient Einsicht, muss im konkreten Fall auch bei den subjektiven Bestandteilen der Dokumentation geprüft werden, ob ein Verweigerungsgrund im Sinne von § 630g Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt. Nur in diesem Fall wäre eine Ablehnung der Einsicht, die begründet werden muss, zulässig. Grundsätzlich darf der Patient jedoch nicht vor der Kenntnis seiner gesundheitlichen Verfassung geschützt werden. Denkbar wäre eine Ablehnung nur, wenn die Einsichtnahme den Erfolg der aktuellen Behandlung oder die Gesundheit oder vergleichbare Rechtsgüter Dritter konkret gefährden würde.“ 

(Hinweis: Hervorhebungen und Unterstreichungen im vorstehenden Text durch den Verfasser dieses Beitrags.)

Ausführliche Informationen zu der Rechtsauffassung des Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz (LfDI) sind auf der Homepage des LfDI abrufbar.

Soweit Sie als Patient*in in Hessen oder in anderen Bundesländern als Rheinland-Pfalz die Bereitstellung einer unentgeltlichen vollständigen Kopie der Behandlungsdokumentation fordern sollten beachten Sie bitte, dass die Datenschutzaufsichtsbehörden anderer Bundesländer ggf. eine abweichende Rechtsauffassung vertreten.

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