Rüsselsheim: Was ist eine „ideologiefreie Diskussion“ des Themas Videoüberwachung?

Datenschutzrheinmain/ Oktober 13, 2016/ alle Beiträge, Uncategorized, Videoüberwachung, Videoüberwachung in der Region/ 0Kommentare

In der Opel-Stadt Rüsselsheim regiert seit der letzten Kommunalwahl ein Bündnis SPD, Grünen, der Wählergruppe „Wir sind Rüsselsheim“ (WsR) und dem Wahlbündnis Linke/Liste Solidarität. Die Wählergruppe WsR hat am 10.10.2016 in einer Stellungnahme erklärt, Videoüberwachung dürfe kein politisches Tabu sein und sich für eine „ideologiefreie Diskussion des Themas“ ausgesprochen. So weit, so allgemein. Schauen wir genauer hin.

In der WsR-Stellungnahme wird die Forderung der Rüsselsheimer Polizei unterstützt, „Plätze mit hoher Personenfluktuation“ wie den Bahnhofsvorplatz, die Bahnhofstraße, die Sophienpassage, die Rheinstraße sowie die Friedenstraße im Bereich der Stadtunterführung mit Kameras zu überwachen. Zusätzlich sähe die WsR dies gerne um die südliche Marktstraße, die Bushaltestellen an Markt- und Friedensplatz und den Bereich vor der Spielothek in der Löwenstraße ergänzt. Im Prinzip würde damit die gesamte belebte Innenstadt ins Visier der Polizeikameras geraten.

Was wird von der WsR zur Begründung für diese umfangreiche Kameraüberwachung herangezogen?

  • „dass das Sicherheitsgefühl gerade in den Abendstunden und nachts in der Innenstadt schon lange nicht mehr intakt sei…“
  • „Als WsR wollen wir in dieser zentralen Frage keine Reihe unkoordinierter Testläufe, sondern ein entschlossenes Durchgreifen des Magistrates. Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit gehen im öffentlichen Raum Hand in Hand“

Mehr an „Argumenten“ fällt den 6 Stadtverordneten der WsR-Fraktion zur Begründung ihrer weitreichenden – noch über die Forderungen der Polizei hinaus gehenden – Positionen nicht ein. Bleibt zu hoffen, dass die Koalitionspartner der WsR – SPD, Grüne und Linke/Liste Solidarität klaren Kopf bewahren und nicht unter dem Eindruck der weit verbreiteten Sicherheits-Hysterie solche Pläne abnicken.

Auch wenn die schwarz-grüne Koalition in Hessen in Sachen Videoüberwachung durch die Polizei vieles möglich gemacht hat, zeigt § 14 HSOG (Hessisches Sicherheits- und Ordnungsgesetz) trotzdem noch Grenzen auf, die für Wünsch-Dir-Was in Sachen allumfassende Videoüberwachung des öffentlichen Raums – wenn auch mittlerweile sehr weite – Grenzen setzen. Und den Damen und Herren Stadtverordneten der WsR-Fraktion sei verraten, dass § 7 SpielhG (Hessisches Spielhallengesetzes) schon seit mehreren Jahren vorschreibt, dass auch der Eingangsbereich der entsprechenden Etablissements durch Videokameras überwacht werden muss. Der Hessische Datenschutzbeauftragte erlaubt als Datenschutzaufsichtsbehörde (leider !) sogar, dass die Umgebung von Spielhallen mittels Dome-Kameras weiträumig überwacht wird.  

Also: Hausaufgaben machen, sehr geehrte Stadtverordnete der WsR-Fraktion, bevor Sie eine durch law-and-order-Ideologie geprägte Diskussion vom Zaun brechen.

Und für alle EinwohnerInnen Rüsselsheim ein Tipp, wie Sie sich gegen die allgegenwärtigen Kameras zur Wehr setzen können: In einem Beitrag unter dem Titel „Videoüberwachung – wie kann ich mich dagegen zur Wehr setzen?“ finden Sie Hinweise und Rechtsgrundlagen.

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