Kenia-Koalition im Römer will Videoüberwachung in der Frankfurter Innenstadt ausbauen
CDU, SPD und Grüne in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung haben vor wenigen Tagen ihren Vertrag über die Bildung einer neuen Koalition in der Frankfurter Stadtregierung unterzeichnet und veröffentlicht. Auf Seite 55 ist darin unter der Überschrift „Nutzung moderner Videotechnik“ zu lesen: „Das Polizeipräsidium schlägt aufgrund der allgemeinen Kriminalitätslage und wegen der anhaltend hohen Gefährdungslage durch islamistischen Terrorismus weitere Videoanlagen zur Bildübertragung im öffentlichen Raum vor. Darüber hinaus sind die vorhandenen zwei Anlagen technisch veraltet. Die Stadt wird gemeinsam mit dem Polizeipräsidium… die Vorschläge der Landespolizei für zwei weitere Standorte, einen im Bahnhofsviertel und einen (zunächst zeitlich auf 1 Jahr begrenzten und zu evaluierenden) im Allerheiligenviertel, übernehmen.“
Zwei Wochen vor der Kommunalwahl am 6. März 2016 warb der Frankfurter Polizeipräsident Gerhard Bereswill auf Bitte des Ordnungsdezernenten Markus Frank (CDU) für eine Ausweitung der öffentlichen Videoüberwachung von bislang zwei (Kaisersack und Konstablerwache) auf sechs Plätze. Der Polizeipräsident forderte weitere Überwachungskameras
- an der Ecke Taunus- / Elbestraße im Bahnhofsviertel,
- an der Hauptwache,
- am Brockhausbrunnen auf der Zeil und
- an der Ecke Allerheiligenstraße / Breite Gasse.
Mit dem Koalitionsvertrag haben SPD und Grüne dieser Forderung weitgehend entsprochen. Und dies mit hanebüchenen Begründungen.
Die „allgemeine Kriminalitätslage“ ist kein hinreichender Grund für die Ausweitung von Videoüberwachung. Selbst das repressive hessische Polizeirecht stellt in § 14 Abs. 3 HSOG darauf ab: „Die Polizeibehörden können zur Abwehr einer Gefahr oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass Straftaten drohen, öffentlich zugängliche Orte mittels Bildübertragung offen beobachten und aufzeichnen… Fest installierte Anlagen dürfen unabhängig davon, ob die Voraussetzungen für ihre Errichtung nach Satz 1 noch vorliegen, zwei Jahre lang betrieben werden; die Frist verlängert sich entsprechend, wenn die Voraussetzungen weiterhin vorliegen…“ Dieser Nachweis muss – auch für die Frankfurter Bürgerschaft überprüfbar – bezogen auf die bestehenden Überwachungsanlagen am Kaisersack und an der Konstablerwache vorgelegt werden, bevor über neue Kamerastandorte entschieden wird.
Und dass die „Gefährdungslage durch islamistischen Terrorismus“ mit Videoüberwachungskameras wirksam eingedämmt werden kann, erscheint nach den Terroranschlägen von Paris und Brüssel mehr Wunsch als Wirklichkeit zu sein.
Nicht zuletzt der Angriff auf einen Fahrgast in einer videoüberwachten U-Bahn in Frankfurt am 21.05.2016 sollte frür die Stadtverordneten von SPD und Grünen Anlass sein zu überprüfen, ob der Ausbau der Videoüberwachung das richtige Instrument zum Erhöhung der Sicherheit im öffentlichen Raum ist.
Vergessen werden sollte auch nicht, dass am Frankfurter Polizeipräsidium trotz dutzender Videokameras ungestört und nicht erkannt gefährliche Manipulationen an Fahrzeugen vorgenommen werden konnten.