Busfahrer gekündigt, weil er sich nicht ständig bei der Arbeit überwachen lassen wollte

Datenschutzrheinmain/ November 14, 2015/ alle Beiträge, Beschäftigtendatenschutz/ 0Kommentare

Die Bogestra AG, ein kommunaler Nahverkehrsbetrieb im Ruhrgebiet, lies in all ihren Bussen ein System einbauen, dass dem Spritsparen dienen soll, zugleich aber eine engmaschige Überwachung der FahrerInnen erlaubt. In einer Pressemitteilung des Unternehmens vom 13.09.2013 ist u. a. zu lesen: „Die BOGESTRA setzt… seit Februar 2013 im Rahmen eines Pilotprojekts…auf MiX RIBAS ®, ein neues technisches System der Firma Kienzle, das wirtschaftliches und komfortables Fahren… unterstützte. Das Gerät in Form einer kleinen Ampel ist gut sichtbar am Armaturenbrett installiert, analysiert in Echtzeit die Fahrzeugdaten und informiert während der Fahrt durch das Aufleuchten einer entsprechenden LED und eines kurzen Signalton darüber, ob alles ‚im grünen Bereich‘ ist oder die Fahrweise für mehr Fahrkomfort und einer höheren Wirtschaftlichkeit optimiert werden sollte. Jede LED leuchtet für die Dauer des entsprechenden Ereignisses, blinkt noch 15 Sekunden lang und schaltet danach ab. So können die Fahrerinnen und Fahrer sich individuell und ohne spezielle Vorgaben eigenständig verbessern und ihre Fahrweise langfristig optimieren.“ Um die BusfahrerInnen für dieses Überwachungssystem zu ködern plante das Unternehmen, „dass die hundert Mitarbeiter mit der wirtschaftlichsten Fahrweise in Form eines Prämiensystems profitieren sollen. Maximal fünfzig Prozent der Energieeinsparung, die… ‚erfahren‘ wird, sollen ihnen wieder zu Gute kommen“. Die Planung wurde mit Zustimmung des Betriebsrats des Unternehmens umgesetzt. In einer Betriebsvereinbarung wurde u. a. geregelt, dass mit dem System hochtourige Fahrweisen, Leerlaufzeitüberschreitungen, scharfes Bremsen, überhöhte Beschleunigung und Geschwindigkeitsüberschreitungen erfasst und ausgewertet werden dürfen.

Ein Busfahrer verweigerte unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Gründe den Einsatz des Programms. Er wurde vom Unternehmen mehrmals abgemahnt, danach erhielt er die fristlose, hilfsweise die fristgemäße Kündigung. Dagegen klagte er vor dem Arbeitsgericht Bochum. Mit Urteil vom 27.05.2015 (Aktenzeichen 5 Ca 24/15) wurden die Abmahnungen und die Kündigung als rechtswidrig zurückgewiesen. Aus der Urteilsbegründung (Randnummern 54 – 63) ist erkennbar, dass sich die Richter gründlich mit den Rechtsgrundlagen (Bundesdatenschutzgesetz, Rechtsprechung und Betriebsvereinbarung) auseinandergesetzt haben. Im Ergebnis stellten sie fest: „Hieran gemessen hält die Betriebsvereinbarung über den Einsatz von MIX RIBAS einer Rechtmäßigkeitsprüfung nicht stand… Die Regelung in der Betriebsvereinbarung, auch diejenigen Fahrer, die nicht am Prämiensystem teilnehmen, fortlaufend zu überwachen, ist nicht erforderlich… Darüber hinaus ist der Umstand, dass Daten über die Leistung der Mitarbeiter erfasst werden und nach der Betriebsvereinbarung ohne zeitliche Begrenzung gespeichert werden, ebenfalls nicht erforderlich…“

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat diese Entscheidung leider nicht bestätigt. Es stellte lediglich fest, dass die fristlose Kündigung unberechtigt sei, sah aber die fristgemäße Kündigung zum 30.09.2015 als rechtens an.

Das LAG-Urteil ist hier im Wortlaut veröffentlicht.

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