Firma Merz Pharma: Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums erst nach Beschwerde beim Hess. Datenschutzbeauftragten beendet

Datenschutzrheinmain/ April 12, 2014/ alle Beiträge, Videoüberwachung, Videoüberwachung in der Region/ 0Kommentare

Manchmal dauert es etwas länger, aber am Ende wird es gut – und illegale Videoüberwachung muss beendet werden. So jetzt auch bei der Firma Merz Pharma im Frankfurter Nordend. An einer belebten Kreuzung mit U-Bahn-Haltestelle und einem Supermarkt hat das Unternehmen ungeniert den öffentlichen Straßenraum beobachtet.

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Einem Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main fiel das auf. Es wandte sich im August 2013 an das Unternehmen und teilte mit: „…beim Einkauf in der Glauburgstraße und der Eckenheimer Landstraße fielen mir an Ihrem Firmengebäude… mehrere Videokameras auf, die geeignet sind, auch den öffentlichen Straßenraum zu überwachen… Durch diese Kameras sehe ich mich als Fußgänger im öffentlich zugänglichen Straßenraum in meinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt. Ich bitte daher um diverse Auskünfte zu den vorhandenen Installationen.“ Es folgte ein detaillierter Fragebogen.

Nach mehreren Erinnerungen traf dann Ende Oktober 2013 beim Beschwerdeführer eine Antwort von Merz Pharma ein, unterzeichnet vom „Chief Compliance Officer“ und der „Datenschutzbeauftragten“ des Unternehmens. Der Inhalt dieser Stellungnahme ist ein Dokument kaum zu überbietender datenschutzrechtlicher Ahnungslosigkeit. Einige Auszüge:

  • „Das Thema Datenschutz liegt dem Unternehmen Merz sehr am Herzen und so sind wir darum bemüht, personenbezogene Daten nur in geringem Umfang zu erheben und auf das Nötigste zu begrenzen…“
  • „Die am Firmengebäude von Merz installierten Videokameras werden zum einem zur Wahrnehmung unseres Hausrechts eingesetzt und dienen zum anderen auch der Verhütung von Diebstählen und Sachbeschädigungen… Die verfolgten Zwecke sind dabei in einer gemeinsam mit dem Betriebsrat ausgehandelten internen Betriebsvereinbarung festgehalten.“
  • „Um Passanten durch den Einsatz der Videokameras in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung weitgehend zu schützen, wird nur ein sehr eingeschränkter Bereich des öffentlichen Raumes aufgezeichnet…“
  • „Zum fehlenden Hinweisschild… ist zu sagen, dass nach § 6b Absatz 2 BDSG die Beobachtung lediglich durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen ist… Die deutlich erkennbare Kamera reicht im Regelfall als Hinweis aus.“

Wenn betriebliche Datenschutzbeauftragte eine Prüfung machen müssten – was leider nicht der Fall ist – für diese Stellungnahme wäre ein „Setzen! Sechs!“ eine zu gute Benotung. Die Stellungnahme ist in Gänze hier nachlesbar: B-2013.10.24 von Merz Pharma Stellungnahme_Videoüberwachung anon

Nach dieser völlig unbefriedigenden und rechtlich mehr als fragwürdigen Auskunft wandte sich das Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main mit einer Beschwerde an den Hessischen Datenschutzbeauftragten. Der hörte das Unternehmen an, prüfte den Sachverhalt vor Ort und teilte dem Beschwerdeführer am 09.04.2014 mit: In einem aufsichtsbehördlichen Kontrollverfahren habe ich den Kamerabetreiber ausdrücklich auf die Rechtslage und etwaige Konsequenzen bei deren Nichtbefolgung, u.a. während einer Prüfung vor Ort, hingewiesen. Daraufhin hat der Kamerabetreiber die Kameras datenschutzkonform neu ausgerichtet und dies schriftlich unter Beifügung entsprechender Lichtbilder nachgewiesen. Öffentlicher Bereich steht nun nicht mehr im Fokus der Kameras, sondern ausschließlich vom Hausrecht (§6b Abs. 1 Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz) gedeckte Bereiche.“

Ein weiteres Beispiel dafür dass es sich lohnt, die Videoüberwachung des öffentlichen Straßenraums nicht unwidersprochen hinzunehmen.

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