Bundesgesundheitsminister Lauterbach beim 126. Dt. Ärztetag: Freiwilligkeit bei der Nutzung der elektronischen Patientenakte soll bald zu Ende sein

Gesunde_daten/ Mai 26, 2022/ alle Beiträge, Gesundheitsdatenschutz, Telematik-Infrastruktur/ 0 comments

Nur wer per Opt-out widerspricht, bekommt sie nicht: So möchte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die elektronische Patientenakte regeln. Somit wird für jeden Bürger automatisch eine eigene, elektronische Patientenakte (ePA) angelegt – wer das nicht möchte, kann widersprechen. Damit bestärkt er die im Koalitionsvertrag aufgeführten Pläne der Ampelkoalition.“ Das meldet heise online in einem Beitrag über die Grußansprache von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beim 126. Dt. Ärztetag.

Dass die ePA – gesetzlich eingeführt zum 01.01.2021 – bislang kein „Renner“ ist, machen Meldungen von Krankenkassen und Medien deutlich. In einem Beitrag des ARD-Magazins plusminus vom 18.08.2021 wird informiert: „In Deutschland haben sich bisher erst 260.000 Versicherte für die neue Patientenakte angemeldet“. Im Jahr 2020 waren in der Bundesrepublik rund 73,36 Millionen Menschen in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Das bedeutet, dass bislang deutlich weniger als 1 % aller gesetzlich Krankenversicherten eine ePA für sich beantragt haben.

Dies möchte die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP offensichtlich mit brachialen Methoden ändern. In ihrem am 24.11.2021 veröffentlichten Koalitionsvertrag erklären Sie dazu:

Quelle: Koalitionsvertrag 2021 – 2025 von SPD, GRÜNEN und FDP, dort S. 83

Bei allem verwendeten Wortgeklingel: „Alle Versicherten bekommen DSGVO-konform eine ePA zur Verfügung gestellt; ihre Nutzung ist freiwillig (opt-out)“ bedeutet auch: Das bisher geltende Prinzip der informierten und freiwilligen Einwilligung (§ 341 Abs. 1. SGB V) zur Nutzung einer ePA (opt-in) soll dergestalt geändert werden, dass allen gesetzlich Krankenversicherten eine ePA auf Auge gedrückt wird, von der sie sich nur mit einem mehr oder weniger umständlichen Verfahren wieder verabschieden können. Österreich und die dort vom Gesetzgeber verordnete opt-out-ELGA (so die dortige Abkürzung für die ELektronische GesundheitsAkte) lassen grüßen.

Wie schwierig es Versicherten in Österreich gemacht wird, aus der Zwangs-ELGA wieder auszusteigen und welche Nachteile in der medizinischen Versorgung sie dabei erleiden müssen, wird hier und hier in zwei Beiträgen skizziert.

Widerstand gegen die Pläne der Ampelkoalition ist zwar vorhanden, aber bislang – insbesondere unter den unmittelbar betroffenen gesetzlich Versicherten noch ungenügend.

Gemeinsam mit anderen Organisationen fordert die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main Minister Lauterbach und die Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen und FDP auf:

  • Beschließen Sie für alle neuen Anwendungen der Telematik-Infrastruktur eine Testphase von mindestens 12 Monaten. Sie ist mit einer großen Anzahl von freiwillig Teilnehmenden im realen Praxisbetrieb durchzuführen. Die Bewertung der Tests muss durch Ärzte- und Patientenvertreter*innen und Datenschützer*innen erfolgen.
  • Stellen Sie die bisherigen Vorschriften und technischen Einrichtungen auf den Prüfstand.
  • Freiwilligkeit der elektronische Gesundheitsakte (ePA) statt opt-out.
  • Freiwilligkeit der Nutzung der ePA auch für Behandler*innen, ohne Honorarabzüge
  • keine Honorarabzüge für an die TI nicht angeschlossene Behandler*innen
  • Schutz von Gesundheits- und Behandlungsdaten (Datensparsamkeit, Zweckbindung) statt Priorisierung der Datennutzung.

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