Berlin: Bußgelder wegen unbefugter Nutzung der Polizeidatenbank POLIKS gegen 33 Polizeibeamt*innen verhängt – Und in Hessen? NSU 2.0? Morddrohungen? Alles ohne Konsequenzen?
Im Wortlaut – aus dem Jahresbericht der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit zum 31. Dezember 2020 (Abschnitt 14.2)
„Ein großer Teil der von der Sanktionsstelle geführten Verfahren richtet sich gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die unbefugt, d. h. ohne einen dienstlichen Anlass, personenbezogene Daten Dritter aus der polizeiinternen Datenbank POLIKS abrufen.
POLIKS ist eine der wichtigsten elektronischen Arbeitshilfen der Polizei und enthält dementsprechend viele und zum Teil sehr sensitive personenbezogene Daten. In der Datenbank werden u.a. Daten von Beschuldigten, Straftäter*innen, Opfern und Zeug*innen erfasst und gespeichert. Die Polizei nutzt POLIKS als Informationssystem für ihre gesetzlichen Aufgaben im Bereich der Strafverfolgung und der Gefahrenabwehr.
Leider greifen immer wieder einige Polizeibeamt*innen und Polizist*innen unerlaubt zu privaten Zwecken auf den in POLIKS enthaltenen umfangreichen Datenkatalog zu.
- In einem Fall nutzte eine Polizistin POLIKS, um die Ex-Freundinnen des neuen Lebensgefährten ausfindig zu machen und sie anschließend zu Gesprächen auf-zu suchen.
- In einem anderen Fall hatte ein Polizist die Daten sämtlicher Nachbar*innen aus dem eigenen Mehrfamilienhaus abgefragt, um die aus POLIKS gewonnenen Informationen später in nachbarschaftlichen Streitigkeiten gegen die einzelnen Bewohner*innen des Hauses auszuspielen.
- In einem weiteren Fall hatte ein Polizeibeamter auf Wunsch diverser Freund*innen Informationen aus POLIKS zusammengetragen und über ein privates Instant Messenger System versendet. Hier ging es um Daten von Lehrer*innen der Kinder, von Nachbar*innen oder gar Lebensgefährt*innen der Anfragenden.
- Weiterhin haben wir ein Bußgeld gegen einen Polizeibeamten verhängt, der POLIKS als Suchmaschine für Kontaktdaten eines Verkäufers verwendete. Nachdem er bei der Suche über die Suchmaschine ‚Google‘ nicht die richtige Telefonnummer des Verkäufers eines Kartenspiels fand, versuchte er über POLIKS, die entsprechenden Daten herauszubekommen.
In diesem Jahr haben wir insgesamt 33 Verfahren gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte eingeleitet und bereits 9 Bußgelder gegen diesen Personenkreis erlassen. Viele Verfahren sind aber noch nicht ausermittelt.“
Und in Hessen?
Auch hierzulande werden immer wieder neue Vorfälle bekannt, bei denen Polizeibeamt*innen illegal auf die ihnen zugänglichen Datenbanken und Einwohnermeldedaten zugreifen. Dies aber nicht nur, um gegenwärtige oder frühere Freund*innen auszuspähen oder Nachbarschaftstreitigkeiten zu betreiben. In Hessen geht es mittlerweile in einer Vielzahl von Fällen um die Bedrohung von Politiker*innen, Rechtsanwält*innen oder politischen Aktivist*innen, die sich politisch unliebsam (= antifaschistisch) äußern und betätigen.
- Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) – das hat er wiederholt, zuletzt im Falle der Frankfurter Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız – bewiesen, ist weder willens noch in der Lage, diese Fälle missbräuchlicher Datenabgriffe aufzuklären und abzustellen.
- Hier wartet eine Aufgabe auf den neuen hessischen Datenschutzbeauftragten Prof. Dr. Alexander Roßnagel!
Wen wundert das noch bei dieser „Polizei“ in Frankfurt
Man kann nur hoffen, dass sich der (neue) Landesbeauftragte für Datenschutz (LfD) Hessen, Herr Alexander Roßnagel, die Berliner LfD, Frau Maja Smoltczyk, zum Vorbild nimmt. Bereits vor zwei Jahren hatte die Berliner LfD hierzu in der taz Berlin angekündigt:
„‚Der Fall ist noch nicht erledigt‘
Ende 2017 wurden aus der Polizei Drohbriefe an Autonome verschickt, ein Polizist wurde verurteilt. Für die Berliner Datenschutzbeauftragte ist das nicht genug. (…)“ (taz Berlin, 11.04.19)
https://taz.de/Datenschuetzer-ueber-Drohbriefe-an-Linke/!5584671/
Frau Smoltczyk hat ihr Wort gehalten!