Datenschutzrechtlich zweifelhafte Praxis der Wohnungsbaugesellschaften der Stadt Frankfurt – Hessischer Datenschutzbeauftragter sieht kein Problem in fragwürdigen Praktiken
Die Fraktion DIE LINKE. im Römer hatte am 21.09.2017 eine Anfrage mit der Überschrift “Gilt der Datenschutz auch für Mieter*innen?” an den Magistrat der Stadt Frankfurt gerichtet. In der Anfrage wird Bezug genommen auf die Praxis verschiedener Wohnungsbaugesellschaften, die sich im (Mit-)Besitz der Stadt Frankfurt befinden: “Will man sein Interesse zur Anmietung einer Wohnung bekunden, muss man bei der ABG zum Beispiel angeben, welche Staatsangehörigkeit man besitzt und ob man wegen Hausstreitigkeiten verurteilt wurde. Bei der Nassauischen Heimstätte (NH) wird zusätzlich nach dem Arbeitgeber und dem Monatsnettoeinkommen gefragt.” Am 22.12.2017 wurde dazu die Antwort des Magistrats veröffentlicht.
Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat in einer ersten Stellungnahme die Antworten des Magistrats und die Praxis der Wohnungsbaugesellschaften der Stadt Frankfurt bewertet und u.a. festgestellt:
- Teilweise werden sensible Daten (Rasse, Herkunft, Staatsangehörigkeit) erhoben und geprüft, dies mit dem Argument, eine Durchmischung der Mieter pro Objekt zu gewährleisten. Die gleichen Daten können aber auch dazu verwendet werden, BewerberInnen zu diskriminieren. Was nun von beiden passiert, lässt sich von außen kaum beurteilen.
- Besonders skandalös: Im Wohnungsbewerbungsbogen der Nassauischen Heimstätte wird unter “Nationalität” (einem Pflichtfeld im Antragsformular) differenziert zwischen “Deutschland” und “Deutsche anderer Herkunft”. Was letzteres ist, wird nicht erläutert. Das weckt Erinnerungen an den Ariernachweis der Jahre 1933 – 1945. Eine Begründung für diese Differenzierung wird nicht genannt.
Quelle: Wohnungsbewerbungsbogen der Nassauischen Heimstätte
- Auch die Nachfrage im Wohnungsbewerbungsbogen der Nassauischen Heimstätte nach dem “Arbeitgeber” (ebenfalls Pflichtfeld im Antragsformular) erscheint datenschutzrechtlich mehr als zweifelhaft; gleiches gilt für die Nachfragen im Wohnungsbewerbungsbogen der Nassauischen Heimstätte “Wird die Miete von einer öffentlichen Stelle übernommen?” und “Wird die Kaution von einer öffentlichen Stelle übernommen?” (auch sie Pflichtfelder im Antragsformular).
Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat wg. der genannten – und ggf. weiteren – datenschutzrechtlich zweifelhaften Praktiken der Wohnungsbaugesellschaften der Stadt Frankfurt eine Anfrage an den Hessischen Datenschutzbeauftragten gerichtet. Dabei stützte sie sich auf eine eine Informationsschrift der Berliner Datenschutzbeauftragten, in der festgestellt wird: “Welche Informationen der Vermieter verlangen darf, ist stark vom Zeitpunkt der Datenerhebung abhängig. Solange noch nicht klar ist, ob sich die Interessentin oder der Interessent überhaupt für die Wohnung bewerben möchte und es zunächst nur um die Vereinbarung eines Besichtigungstermins geht, dürfen nur solche Daten erhoben werden, an denen der Vermieter ein berechtigtes Interesse hat. Dies sind in der Regel Angaben zur Identifikation, zur Erreichbarkeit, zu Wohnungswünschen, zu (größeren) Haustieren und gegebenenfalls Daten aus dem Wohnberechtigungsschein, da diese Angaben notwendig sind, um eine geeignete Wohnung anbieten zu können.“ Vergleichbare Positionen hat auch der Hamburgische Datenschutzbeauftragte in einer Broschüre veröffentlicht.
Am 07.02.2018 kam die Antwort aus Wiesbaden. Der Hessische Datenschutzbeauftragte sieht in der Praxis der Wohnungsbaugesellschaften der Stadt Frankfurt keinerlei Verstoß gegen datenschutzrechtliche Normen:
„…Das Thema war beim HDSB, das wird Sie wohl nicht wirklich überraschen auch schon vor Ihrem Hinweis bekannt. Sicher ist es so, dass das Thema ein Datenschutzproblem betrifft, das auch unter den Datenschutzaufsichtsbehörden seit langem immer wieder diskutiert wird… Demnächst wird eine neue Orientierungshilfe der Datenschutzaufsichtsbehörden erscheinen, die Grundsätze für die Erhebungspraxis aus der Datenschutzperspektive aufführt, aber natürlich nicht alle relevanten Aspekte und Entwicklungen berücksichtigen kann, und solche Leitfäden sind freilich ohnehin nicht rechtsverbindlich, haben aber jedenfalls Appellfunktion. Letztlich muss jedoch jede Aufsichtsbehörde für sich entscheiden, was sie in ihrem Zuständigkeitsbereich bei Auslegung des geltenden Rechts mit Blick auf die Lebenswirklichkeit noch akzeptiert und auch berücksichtigen, dass im Streitfall, wenn er wirklich ausgetragen wird, sowieso die Gerichte das letzte Wort haben. So haben Datenschutzaufsichtsbehörden beispielsweise die Kontaktaufnahme des möglichen neuen Vermieters zum Vorvermieter für unzulässig gehalten. 2014 hat der Bundesgerichtshof aber unmissverständlich entschieden, dass eine solche Kontaktaufnahme zulässig ist, wenn es darum geht, die Bonität und Zuverlässigkeit eines Mietinteressenten zu überprüfen. Die Erhebungspraxis der städtischen Wohnungsgesellschaften in Frankfurt war hier auch schon Gegenstand von Rundfunk- und Presseanfragen. Dies ist verständlich und die Situation ist ja auch datenschutzrechtlich brisant, und zwar bundesweit. Bei dem Thema sind sicherlich verschiedene Positionen rechtlich vertretbar. Insofern hat diese Nachricht nicht den Anspruch, Sie bzw. die Datenschützer Rhein Main bzw. die Linke hinsichtlich der Zulässigkeit der Datenerhebung zu belehren oder gar zu überzeugen, sondern es geht nur um die Mitteilung, dass die hessische Aufsichtsbehörde gegen die städtischen Wohnungsgesellschaften in der Angelegenheit nicht vorgehen wird.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Rosa_Liste
Wieso fragen die nich nach der Sexualität? Täte der Durchmischung gut.