Weniger Datenschutz, mehr Telematik – die Pläne der GroKo zur Digitalisierung des Gesundheitswesens

Datenschutzrheinmain/ Februar 7, 2018/ alle Beiträge, Gesundheitsdatenschutz, Telematik-Infrastruktur/ 0Kommentare

Das Handelsblatt hat am 06.02.2018 auf seiner Homepage den zum 05.02.2018, 11:30 Uhr bestehende Verhandlungsstand zu einem Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD veröffentlicht. Im Abschnitt “e-Health/Gesundheitswirtschaft” (S.93 f.) ist zu lesen:

“Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist eine der größten Herausforderung desGesundheitswesens in den nächsten Jahren.

Wir werden die Telematikinfrastruktur weiter ausbauen und eine elektronische Patientenakte für alle Versicherten in dieser Legislaturperiode einführen. Wir wollen neue Zulassungswege für digitale Anwendungen schaffen, die Interoperabilität herstellen und die digitale Sicherheit im Gesundheitswesen stärken. Die einschränkenden Regelungen zur Fernbehandlung werden wir auf den Prüfstand stellen. Auch die pflegerische Versorgung wollen wir mit den Möglichkeiten der Digitalisierung weiterentwickeln, so dass sowohl Pflegekräfte als auch pflegebedürftige Menschen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie neue technischen Anwendungen besser nutzen können. Dazu gehört auch, die Pflege in die Telematikinfrastruktur einzubeziehen. Ziel ist zudem, Bürokratie in Diagnostik und Dokumentation abzubauen.

Die Anwendung und Abrechenbarkeit telemedizinischerLeistungen soll ausgebaut werden. Es wird sichergestellt, dass die Datenspeicherung den strengen Anforderungen des Datenschutzes unterliegt. Die gespeicherten Daten sind Eigentum der Patientinnen und Patienten.

Wir werden die e-Health-Initiative und den Strategieprozess Medizintechnik weiterführen, um Deutschland als Standort der Gesundheitswirtschaft nachhaltig und zukunftsorientiert zu gestalten. Wir werden auch den Pharma-Dialog unter Einbeziehung der Regierungsfraktionen des Deutschen Bundestags fortsetzen.

Wir werden den Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland (AMTS) entschlossen umsetzen und die Fälschungssicherheit von Arzneimitteln verbessern. Wir wollen die Arzneimittelsicherheit durch weitere Maßnahmen von der Produktion über den Transport bis zum Endverbraucher gewährleisten.”

Nicht unerwartet – und unschwer erkennbar:

  • Der bislang von CDU/CSU/SPD verfolgte Weg soll – unbeirrt von Zweifeln und wachsenden Kosten – weiter beschritten werden.
  • Mit der geplanten Einbeziehung auch der “Pflege in die Telematikinfrastruktur” würden sich die Datenberge weiter anhäufen und weitere tausende von Unternehmen im Pflegebereich und zehntausende dort tätige Menschen Zugang zu den Daten in der Telematik-Infrastruktur erhalten.
  • Von der vorgeblichen Absicht, “dass die Datenspeicherung den strengen Anforderungen des Datenschutzes” unterliegen soll, sollte sich niemand täuschen lassen.Denn wenn “die gespeicherten Daten…” zuEigentum der Patientinnen und Patienten” werden, dann werden sie auch zur Handelsware und verkäuflich.So wird folgerichtig auch auf S. 122 des GroKo-Vertragsentwurfs festgehalten: “Die Frage, ob und wie ein Eigentum an Daten ausgestaltet sein kann, müssen wir zügig angehen.”
  • Die schwarz-grüne Hessische Landesregierung hat dies schon begriffen und am 30.01.2018 verlauten lassen: Wir wollen für das Bezahlen mit (persönlichen) Daten einen gesetzlichen Rahmen schaffen, damit Verbraucher- und gewährleistet bleiben.“ 
  • Mit anderen Worten – aber gleichem Sinngehalt wie die GroKo-VerhandlerInnen – hat der Deutsche Ethikrat im November 2017 eine Stellungnahme zum Thema Big Data und Gesundheit – Datensouveränität als informationelle Freiheitsgestaltung“ veröffentlicht. Auf etwa 200 Seiten wird – in einer Sprache, die NormalbürgerInnen nicht ohne weiteres spontan zugänglich ist – ein Angriff auf das vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 1 und 2 Grundgesetz entwickelte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Volkszählungsurteil vom 15.12.1983)  vorgetragen. Deutlich wird dies in Abschnitt 6 der Studie unter der Überschrift „Empfehlungen“ (ab S. 173). Dort wird ausgeführt: Der Deutsche Ethikrat empfiehlt ein Gestaltungs- und Regelungskonzept, das sich am zentralen Ziel der Datensouveränität orientiert. Unter Datensouveränität verstehen wir eine den Chancen und Risiken von Big Data angemessene verantwortliche informationelle Freiheitsgestaltung. Um dies zu gewährleisten, ist das traditionelle, primär auf die grundrechtlich geschützte informationelle Selbstbestimmung bezogene Datenschutzrecht weiterzuentwickeln und neu zu gestalten, indem inhaltlich umfassende grundlegende normative Vorgaben einbezogen und instrumentell neue Wege beschritten werden.”
  • Die Gesundheitswirtschaft nachhaltig und zukunftsorientiert zu gestaltenund damit die Bedingungen zur privatwirtschaftlichen Generierung von Gewinnen zu verbessern bleibt Herzenssache von CDU/CSU und SPD.

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