Jamaika-Koalitionsverhandlungen: Bürgerrechts-, Journalisten-, Berufs- und Wirtschaftsverbände fordern Ende der verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollen in den Jamaika-Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU ein Ende des Gesetzes zur Vorratsspeicherung von Verbindungs-, Standort- und Internetdaten durchsetzen. Das fordern über 20 Bürgerrechts-, Journalisten-, Berufs- und Wirtschaftsverbände in einem Offenen Brief an die Bundesvorsitzenden von FDP und BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN. Unter den Organisationen befinden sich auch der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der eco-Verband der Internetwirtschaft und Reporter ohne Grenzen.
In den Schreiben wird festgestellt: Die „verdachtsunabhängige und wahllose Vorratsdatenspeicherung“ sei die „schädlichste Altlast der Großen Koalition“ und „die am tiefsten in die alltägliche Privatsphäre eingreifende und unpopulärste Massenüberwachungsmaßnahme, die der Staat jemals hervorgebracht hat.“ Eine derart weitreichende „Registrierung des Verhaltens der Menschen in ganz Deutschland“ sei „für viele Bereiche der Gesellschaft höchst schädlich“, so für die Arbeit von Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, Beratungsstellen und Journalisten. Die verdachtslose Datensammlung begünstige Datenpannen und -missbrauch und sei von Gerichten schon wiederholt als grundrechtswidrig verworfen worden.
„Sowohl die FDP als auch Bündnis 90/Die Grünen verstehen sich als Verteidiger von Freiheit und Bürgerrechten“, erklärt Uli Breuer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, zugleich auch Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main, die Initiative. „Nun ist es ihre Aufgabe, die behäbigen Partner CDU/CSU in die Spur zu setzen. Die aktuell bloße ‚Aussetzung der Vollziehung‘ der Vorratsdatenspeicherung ist nicht akzeptabel. Wir fordern von den Koalitionspartnern ein klares Bekenntnis zu Freiheit und unseren Grundrechten und damit das verbindliche Ende jeder verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung. Der Zustand des Generalverdachts gegen die gesamte Bevölkerung ist unerträglich!“
Zum Hintergrund: Union, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen sich zum Abschluss ihrer Sondierungsgespräche mit den Themen Innenpolitik, Sicherheit, Rechtsstaat befassen. FDP und Grüne fordern in ihren Wahlprogrammen ein Ende der verdachtslosen Datensammlung. Das 2015 von der Großen Koalition aus CDU/CSU/SPD beschlossene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wurde im Juni 2017 vom Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen für grundrechtswidrig befunden und einstweilen ausgesetzt (Aktenzeichen: 13 B 238/17). Nach dem Gesetz soll aufgezeichnet werden, wer mit wem und wo per Telefon oder Handy in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat.