Das Jobcenter Frankfurt und das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) – eine schwierige Beziehung
Das Jobcenter Frankfurt/Main unterliegt als gemeinsame Einrichtung von Bundesagentur für Arbeit (BA) und Stadt Frankfurt den Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Dies wurde in der Vergangenheit nachhaltig verweigert, wie Mitglieder der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main feststellen mussten. Der interessierte Öffentlichkeit war es daher bisher nicht möglich zu überprüfen, wie der Umgang mit Angelegenheiten der im Jobcenter vorsprechenden und Anträge stellenden Menschen von Seiten der Behördenleitung geregelt ist.
Diese Praxis sollte nach einer Zusage der Leitung des Jobcenters Frankfurt seit 16.08.2017 der Vergangenheit angehören. Denn auf Beschwerden von Mitgliedern der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main teilte die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit am 17.07.2017 mit: „…das Jobcenter Frankfurt am Main hat mir schriftlich mitgeteilt, dass es seine internen Arbeitsanweisungen auf der eigenen Internetpräsenz veröffentlichen wird. Die Veröffentlichung soll bis Mitte August erfolgen. Dies begründete die Behörde damit, dass die Weisungen vorab nochmals überprüft werden sollen. Nach der Veröffentlichung sind die Weisungen i.S.v. § 9 Abs. 3 IFG aus allgemein zugänglicher Quelle beschaffbar, womit Ihrem Antrag genügt wäre. Ob das Jobcenter die Weisungen tatsächlich veröffentlicht hat, werde ich zu gegebener Zeit nachprüfen und das Verfahren erneut aufnehmen…“
Erst am 11.09.2017 war es dann endlich so weit, wie ein Blick auf die Homepage des Jobcenters Frankfurt zeigte:
Was sofort ins Auge fällt: Der Eingangssatz „Das Jobcenter Frankfurt veröffentlicht interne Arbeitsanweisungen im Internet, um… Einsicht in wichtige interne Weisungen zu geben.“ Daraus uns aus den Überschriften umd Nummerierungen der sieben veröffentlichen Arbeitsanweisungen geht hervor, dass hier eine Auswahl getroffen wurde, bei der nur interne organisatorische Regelungen veröffentlicht wurden:
- Arbeitsanweisung PAP-Aktenführung – M.1
- Arbeitsanweisung Entscheidungs- und Zeichnungsbefugnisse M&I – M.2
- Arbeitsanweisung Abrechnungsverfahren von städtischen Unterkünften – L.4
- Arbeitsanweisung E-Mail Korrespondenz; Ablageportal des Jobcenters Frankfurt – A.2 Darin findet sich u. a. ein Verbot für die SachbearbeiterInnen im Jobcenter, ihre dienstliche Telefonnummer im E-Mail-Verkehr mit ihren „KundInnen“ anzugeben. Aber Ausnahmen sind erlaubt: „Ab Teamleitungsebene sowie den Mitarbeitern der zentralen Aufgabenbereiche / Stabsstellen ist die Aufführung der persönlichen Rufnummer gestattet“. Bemerkenswert auch die Feststellung: „Die Verwendung von farbiger Schrift, JCF Logos o.ä. ist nicht gestattet.“
- Arbeitsanweisung Hilfen zur Wohnungssicherung, Zusammenarbeit mit dem JSA – L.3
- Arbeitsanweisung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (PÖ) – A.6
- Arbeitsanweisung Sprachliche Gleichbehandlung von Männern und Frauen – A.5 Darin findet sich die bemerkenswerte und zur Beachtung angemahnte Feststellung: „Schwangere sind immer weiblich“.
Arbeitsanweisungen, die für die „Kundinnen“ / „Kunden“ des Jobcenters von zentraler Bedeutung sind, wurden vom Jobcenter nicht veröffentlicht. Einige Beispiele: Es fehlen z. B. die Arbeitsanweisungen im Bezug auf
- die Bearbeitung eines Antrags aus Leistungen nach SGB II und die dabei zu beachtenden Fristen,
- den Umgang mit akut mittellosen AntragstellerInnen,
- die Entgegennahme und Bearbeitung von Unterlagen, die AntragstellerInnen persönlich abgeben oder die sie dem Jobcenter zusenden,
- die Prüfung der Angemessenheit der Unterkunfts- und Heizkosten,
- den Ermittlungsdienst (die „Abteilung Hausbesuch“ des Jobcenters),
- die Tätigkeit der Widerspruchs- bzw. Rechtsbehelfsstelle des Jobcenters und die dabei zu beachtenden Fristen
Genügen diese behördeninternen Regelungen nicht dem Kriterium, „wichtige interne Weisungen“ zu sein?
Oder will sich das Jobcenter entgegen der zwingenden Regelung in § 1 IFG entziehen?
Denn dass es im Jobcenter Frankfurt Arbeitsanweisungen zu diesen und anderen Themen gibt darf begründet vermutet werden. Dies wird deutlich beim Blick auf vergleichbare Arbeitsanweisungen anderer Jobcenter, z. B. des Jobcenters Berlin Tempelhof-Schöneberg, das auf Nachfrage mehr als 70 interne Arbeitsanweisungen im Internet veröffentlicht hat.
Ein Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat wg. der restriktiven Informationspolitik des Jobcenters Frankfurt erneut Beschwerde bei der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit eingelegt.
Die Frankfurter sollten sich mal am Beispiel der Hamburger orientieren. Die haben auf ihrer Internetseite an einer Stelle alle wesentlichen Infos zusammengestellt: http://www.team-arbeit-hamburg.de/site/weisungen/
Das macht Hartz IV in Hamburg zwar nicht besser als in Frankfurt oder sonstwo in der Republik. Aber gegen Willkür im Einzelfall ist es hilfreich, wenn man mal nachsehen kann, ob die eigenen Sachbearbeiter und PAPs regelkonform entscheiden oder Standards willkürlich noch weiter absenken.