Zalando und die Überwachungs- und Ratingsoftware „Zonar“ – ein System rechtswidriger permanenter digitaler Leistungskontrollen

WS/ November 27, 2019/ alle Beiträge, Beschäftigtendatenschutz/ 0 comments

Beim größten deutschen Online-Mode-Händler müssen sich Beschäftigte gegenseitig in einer App bewerten.“ Mit diesem Satz beginnt ein Bericht auf Netzpolitik.org über den Einsatz der Überwachungs- und Ratingsoftware „Zonar“ bei Zalando. An einem Standort von Zalando in Berlin mit rund 2.000 Beschäftigten ist diese Software mindestens seit Frühjahr 2017 im Einsatz.

Der Beitrag stützt sich auf Erkenntnisse aus einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung. In einem Beitrag auf der Homepage der Stiftung wird dazu mitgeteilt: Die Digitalisierung bietet Arbeitgebern nie gekannte Möglichkeiten der Kontrolle. Ein Beispiel für eine Technik mit hohem Druckpotenzial ist laut einer neuen Untersuchung Zonar – eine Software, die der Online-Versandhändler Zalando seit dreieinhalb Jahren nutzt, um Mitarbeiter zu bewerten… Zonar orientiert sich nach Analyse der Forscher weitgehend am Vorbild von Bewertungsportalen im Internet. In diesem Fall sind es jedoch nicht wie üblich Kunden, die ein Produkt bewerten, sondern die Beschäftigten selbst, die sich gegenseitig evaluieren. Die Beurteilungen erfolgten abteilungsübergreifend und teilweise über Hierarchieebenen hinweg, allerdings werden im Regelfall vor allem Kollegen aus dem alltäglichen Arbeitsumfeld bewertet… Auf Basis der gesammelten Informationen erstellt laut der Studie ein Algorithmus individuelle Beschäftigten-Scores, die wiederum der Einteilung der Belegschaft in drei Gruppen dienten: Low-, Good- und Top- Performer. Diese Rangliste nutze das Unternehmen, um Mitarbeitergespräche zu strukturieren, Beförderungen zu verteilen und gruppenspezifische Lohnsteigerungen zu gewähren beziehungsweise zu versagen…“

Nach Angaben der befragten Beschäftigten wird der Einsatz von Zonar und die Ergebnisse der Bewertungen und Beurteilungen von Zalando ohne die nach Art. 6 und Art. 7 DSGVO notwendige Einwilligung der einzelnen Beschäftigten gespeichert und dem Unternehmen dauerhaft verfügbar gemacht. Ein glatter Verstoß gegen geltendes Recht.

Als „übergriffig, arbeitnehmerfeindlich und datenschutzrechtlich höchst problematisch“ kritisiert die Gewerkschaft ver.di den Einsatz von Zonar. „Wir erleben bereits seit längerer Zeit, dass Unternehmen wie Amazon und Zalando neue Formen der digital gestützten Leistungskontrolle vorantreiben, die für die Beschäftigten in mehr Überwachung und damit Druck und Arbeitshetze münden. Die aktuelle Studie zu Zalando zeigt nun eindringlich, wie weit durch Algorithmen gesteuerte Kontrollen in den Alltag eingreifen und wie arbeitnehmerfeindlich sie sind: Sie sind intransparent, setzen die Beschäftigten in permanente Konkurrenz zueinander, missachten den Datenschutz und dienen dem Unternehmen als billige Ausrede, warum man keine Tarifverträge abschließen will…“

Nach Information von Netzpolitik.org prüft die Berliner Datenschutz-Aufsichtsbehörde den Einsatz von Zonar durch Zalando. „Zalando hat uns vor zwei Tagen [am Tag des Bekanntwerdens der Studie, Anm.] über den Einsatz der Software informiert und wir haben daraufhin eine Prüfung eingeleitet“, teilte eine Sprecherin der Behörde Netzpolitik.org auf Anfrage mit. Bleibt zu hoffen, dass diese rechtswidrige Praxis von Zalando beendet und mit einer empfindlichen Geldbuße geahndet wird.

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