Wiesbaden: Mehrheit der Stadtverordneten lehnt Verbesserung der Arbeitsbedingungen für den behördlichen Datenschutzbeauftragten ab
Ein Melodram in drei Akten!
1. Akt:
Mit Schreiben vom 10.11.2020 an den Wiesbadener Oberbürgermeister hat der Gesamtpersonalrat der Stadt Wiesbaden gefordert, „eine Erweiterung der Stellen“ für die Tätigkeit des behördlichen Datenschutzbeauftragten „vorzunehmen“.
2. Akt:
Mit einer Sitzungsvorlage vom 11.05.2021 hat sich der Magistrat der Stadt Wiesbaden die Forderung des Gesamtpersonalrats in rudimentärer Form zu Eigen gemacht. Es wurde die Ausweitung des Stellenbedarfs des Datenschutzbeauftragten um eine Vollzeitstelle ab dem Haushaltsjahr 2022 vorgeschlagen. Zur Aufgabenstellung und zur bisherigen Stellenausstattung des behördlichen Datenschutzbeauftragten der Stadt Wiesbaden wird in der Begründung der Sitzungsvorlage festgestellt:
„Die fachlichen Anforderungen an Datenschutzbeauftragte sind durch Inkrafttreten der EU-DSGVO im Mai 2018 enorm gestiegen. Mit Einführung der neuen EU-weiten Datenschutzregelungen ist der Datenschutz auch viel mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft gerückt, als dies zuvor der Fall war. Zudem schreitet die Digitalisierung auch im öffentlichen Dienst in allen Bereichen mit großen Schritten voran. Mit ihr gehen komplexe informationstechnische Fragestellungen einher, für deren Beantwortung fundierte IT-Kenntnisse unerlässlich sind.
Bis zur Einführung der EU-DSGVO wurden die datenschutzrechtlichen Aufgaben von mehreren Personen im Gesamtumfang einer Vollzeitstelle wahrgenommen. Bewährt hatte sich das Modell mit 30 Stunden/Woche für die Bearbeitung technischer Fragestellungen und 10 Stunden/Woche für die Prüfung juristischer Fragen. Den gestiegenen Anforderungen wurde bereits durch interne Organisationsveränderungen Rechnung getragen. Aktuell stehen dem Bereich Datenschutz eine Juristin/ein Jurist in der Position des/der behördlichen Datenschutzbeauftragten im Umfang einer Viertelstelle, eine Vollzeitstelle mit technischem Sachverstand in der Position der/des stellvertretenden Datenschutzbeauftragten und eine Sachbearbeitungsstelle im Umfang von 20% zur Erfüllung der Aufgaben des/der behördlichen Datenschutzbeauftragten zur Verfügung. Zur Bearbeitung juristischer Fragen wird zudem zusätzlich der Sachverstand von Justiziarinnen und Justiziaren des Rechtsamts herangezogen; es ist beabsichtigt, dass der Juristin/dem Jurist künftig ein Zeitanteil von 20 Stunden/Woche für die Bearbeitung datenschutzrechtlicher Fragen zur Verfügung steht. Fehlende Kapazitäten bei der Bearbeitung technischer Themen können hingegen innerhalb des Rechtsamts nicht kompensiert werden, so dass insoweit eine Ausweitung der Personalkapazitäten erforderlich ist…“
3. Akt:
In der Stadtverordnetensitzung am 16.12.2021 stand die Vorlage des Magistrats auf der Tagesordnung (TOP 94). Doch eine Mehrheit der Stadtverordneten lehnt die Sitzungsvorlage des Magistrats ab und belässt es damit wissentlich dabei, dass der behördliche Datenschutzbeauftragte der Stadt Wiesbaden seine in der DSGVO und im HDSIG normierten Aufgaben nur unzureichend wahrnehmen kann. Eine Entscheidung, die nicht nur für die Beschäftigten der Wiesbadener Stadtverwaltung, sondern auch für die Einwohner*innen der hessischen Landeshauptstadt mehr als nur unbefriedigend ist.
- Die Stadtverwaltung Wiesbaden verfügt über mehr als 6.000 Beschäftigte. Wiesbaden hat ca. 290.550 Einwohner*innen.
- Die frühere Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff hat anlässlich einer Überprüfung des Jobcenters Frankfurt am 01.10.2015 festgestellt: “… teilten Sie mit, der bDSB werde seine Aufgabe künftig in Vollzeit ausüben. Im Haushaltsplan 2015 sei dementsprechend eine Vollzeitstelle für die Tätigkeit des bDSB vorgesehen. Angesichts der Größe Ihres Jobcenters, der Anzahl der Mitarbeiter, der Anzahl der zu betreuenden Bedarfsgemeinschaften und der Vielfalt der mit der Tätigkeit als bDSB einhergehenden Aufgaben halte ich diesen Umfang für angemessen…”
- Das Jobcenter Frankfurt verfügte damals über ca. 750 Planstellen. Dies als Bezugsgröße genommen, müsste in Wiesbaden die Stellenausstattung für den behördlichen Datenschutzbeauftragten noch weiter ausgebaut werden, als dies der Magistrat mit seiner Vorlage beabsichtigt hatte.
Spielt keine Rolle. Datenschutz existiert nur in der Theorie und die Datenschutzbeauftragten sind reine Facade.