„Wiesbaden ist eine sichere Stadt“ – ist trotzdem der Ausbau bzw. die Modernisierung der Videoüberwachung im Stadtgebiet notwendig?
In einer gemeinsamen Pressemitteilung der Landeshauptstadt Wiesbaden und des Polizeipräsidiums Wiesbaden vom 18.04.2018 unter der Überschrift „Konzept ‚Gemeinsam Sicheres Wiesbaden'“ wird zu Beginn mitgeteilt: „Wiesbaden ist eine sichere Stadt, auch im Bundesvergleich. Das belegen die Fallzahlen und die Aufklärungsquote der Wiesbadener Polizei aus der aktuellen Polizeilichen Kriminalstatistik.“ Um dann in larmoyantem Tonfall fortzufahren: „Doch statistische Zahlen sind die eine, das Gefühl der Menschen, die in einer Stadt leben, die andere Seite der Medaille. Hinweise aus der Bevölkerung und Befragungen deuten darauf hin, dass sich das Sicherheitsgefühl der Wiesbadener Bürgerinnen und Bürger verändert hat… Dieser Entwicklung möchten die für die Sicherheit in der Landeshauptstadt zuständigen Behörden frühzeitig und entschieden entgegentreten…“ Und dann kommt, was nach einer solchen Einleitung kommen musste: „Ein wichtiger Bestandteil der Sicherheitsarchitektur stellt die Neuinstallation von zwei Videoüberwachungsanlagen in unterschiedlichen Beobachtungsbereichen dar. Zum einen wird das Areal rund um den Hauptbahnhof, einschließlich des Zugangs zum Kulturpark, mit einer neuen Videoüberwachungsanlage versehen. Die aktuelle Anlage entspricht nicht mehr den technischen Anforderungen. Zum anderen werden die ÖPNV-Knotenpunkte in der Bleichstraße und Schwalbacher Straße zukünftig videoüberwacht. Bei beiden Beobachtungsbereichen handelt es sich um Kriminalitätsschwerpunkte. Die Videoüberwachungsanlagen werden durch die Landeshauptstadt Wiesbaden beschafft und betrieben. Für die Nutzung durch die Landespolizei besteht ein Kooperationsvertrag. Beide Beobachtungsbereiche werden 24/7 aufgezeichnet und anlassbezogen im Live-Betrieb überwacht…“
Die Meldung macht deutlich:
- Wieder einmal ist es „das Sicherheitsgefühl der… Bürgerinnen und Bürger“, das herhalten muss für Ausbau bzw. Modernisierung von Überwachungeinrichtungen im öffentlichen Raum.
- Und wieder einmal wird das Versprechen abgegeben, dass Videoüberwachung die Sicherheit erhöht. Tatsächlich aber verbirgt sich in dem Satz „Beide Beobachtungsbereiche werden 24/7 aufgezeichnet und anlassbezogen im Live-Betrieb überwacht“, dass die neuen Kameras im Regelfall lediglich Aufzeichnungen machen, die allenfalls geeignet sind, bei der Aufklärung bereits begangener Straftaten zu helfen.
Quelle: @Algoropticon
Für ein Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main war die Nachricht aus Wiesbaden Anlass für eine E-Mail an die behördlichen Datenschutzbeauftragten der Stadt Wiesbaden und des Polizeipräsidiums Wiesbaden: „Da die Anlagen in Kürze in Betrieb gegen sollen, gehe ich davon aus, dass für die neuen Kameras an den beiden genannten Stellen ein Verfahrensverzeichnis i. S. d. HSOG und des HDSG erstellt wurde. Da ich mich häufig in der Innenstadt von Wiesbaden bewege und daher von der Installation der neuen Kameras betroffen bin beantrage ich hiermit, mir gem. § 8 Abs. 1 Ziff. 3 HDSG kurzfristig, d. h. noch vor Inbetriebnahme der neuen Überwachungskameras, Einsicht in die Verfahrensverzeichnisse zu gewähren.“
Hallo,
wurde die Anfrage nach Einsicht in das Verfahrensverezeichniss beantwortet?
Ja, die Anfrage wurde beantwortet. Es wurde mitgeteilt, dass noch kein Verfahrensverzeichnis vorhanden sei und erst zu einem späteren Zeitpunkt erstellt werden würde.
Etwa einen Monat nach der Anfrage trat am 25.05.2018 die Datenschutz-Grundverordnung und das neue Hessische Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt bestand kein Anspruch mehr auf Einsicht in Verfahrensverzeichnisse.
Die DSGVO spricht in Art. 30 (https://dsgvo-gesetz.de/art-30-dsgvo/) vom „Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten“. Hier gibt es kein Recht der Einsichtnahme. Kamerabetreiber (und andere Verarbeiter personenbezogener Daten) müssen aber seit dem 25.05.2018 ihre Informationspflichten gem. Art. 12 – 14 DSGVO erfüllen.