Wehrheim (Hochtaunuskreis): FDP-Fraktion legt Entwurf einer Transparenz- und Informationsfreiheitssatzung der Gemeinde Wehrheim vor
Mit der Novellierung des Hessischen Datenschutzgesetzes wurde im Mai 2018 erstmals für Hessen in den §§ 80 – 89 HDSIG auch ein Informationsfreiheitsgesetz geschaffen. Mit wesentlichen Mängeln! Einer der wichtigsten: Ausgenommen vom Geltungsbereich des HDSIG sind u. a. die kommunalen Gebietskörperschaften, es sei denn, sie beschließen durch eigene Rechtssetzung eine kommunale Informationsfreiheitssatzung (§ 81 Abs. 1 Ziff. 7 HDSIG). Nicht nur aus diesem Grund gilt das HDSIG als das schlechteste Informationsfreiheitsgesetz in Deutschland.
Nach Kenntnissen der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main sind nach mehr als vier Jahren erst eine niedrige zweistellige Zahl von kommunalen Informationsfreiheitssatzungen beschlossen worden.
Kommunale Informationsfreiheitssatzungen in Hessen
1. Informationsfreiheitssatzungen auf der Basis des HDSIG:
- Landkreise Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Marburg-Biedenkopf
- Städte Bad Soden a. Ts., Darmstadt, Kassel, Neu-Isenburg (Landkreis Offenbach), Offenbach, Wiesbaden
2. Ältere Infofreiheitssatzungen (vor Inkrafttreten des HDSIG beschlossen, aber noch immer in Kraft):
- Landkreis Waldeck-Frankenberg
- Städte Alsfeld (Vogelsbergkreis), Stadt Maintal (Main-Kinzig-Kreis)
Mit der Schaffung von kommunalen Informationsfreiheitssatzungen in allen hessischen Gemeinden, Städten, Landkreisen, kommunalen Zweckverbänden, kommunalen Anstalten und Stiftungen öffentlichen Rechts würde eine bestehende Lücke im demokratischen Aufbau von Staat und Verwaltung geschlossen. Denn die von kommunalen Entscheidungen und Handlungen betroffenen Menschen hätten dann bessere Möglichkeiten, sich zu informieren, Diskussions- und Entscheidungsprozesse der kommunalen Verwaltungen zu bewerten und mit Hilfe von Bürgerinitiativen und Vereinen Einfluss auf kommunale Entscheidungen zu nehmen.
Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat deshalb einen Entwurf einer kommunalen Informationsfreiheits- und Transparenzsatzung erarbeitet. Dieser Entwurf geht über die restriktiven Regelungen in den §§ 80 – 89 HDSIG hinaus und nimmt Anregungen aus anderen Landesgesetzen zur Informationsfreiheit und Transparenz von staatlichem und Verwaltungshandeln auf.
Der Satzungsentwurf der FDP-Fraktion in Wehrheim…
… greift einzelne Elemente aus dem Entwurf der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main auf, weist aber einige Mängel auf. Für die Mitglieder der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main war dies Anlass, gegenüber der FDP-Fraktion in der Gemeindevetretung in Wehrheim, den drei anderen Fraktionen und dem Bürgermeister der Gemeinde in einem Schreiben zum Entwurf der FDP für eine Transparenz- und Informationsfreiheitssatzung der Gemeinde Wehrheim Stellung zu nehmen. In diesem Schreiben wird erklärt:
„Wir begrüßen Ihre Initiative. Sollten Sie mit Ihrem Anliegen in der Gemeindevertretung durch Zustimmung auch anderer Fraktionen Erfolg haben, würden Sie – bezogen auf Ihre Gemeinde – einen wesentlichen Mangel des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes (HDSIG) beheben… Im Interesse einer bürger*innenfreundlichen und transparenten Informationspolitik der Gemeinde Wehrheim sollten Sie noch folgende Veränderungen in Ihrem Antrag vornehmen:
1. Das Recht, Anfragen zu stellen und Auskünfte zu erhalten, sollte nicht auf den Personenkreis begrenzt werden, der in § 3 Ihres Satzungsentwurfs benannt ist. Zum Einen können Aktivitäten und Beschlüsse ihrer kommunalen Gremien auch für Bewohner*innen der umliegenden Gemeinden von Interesse bzw. Bedeutung sein, zum Anderen könnte es z. B. für Medienschaffende, die nicht in Wehrheim wohnen, den Informationsanspruch einschränken. Und alle in § 4 Ihres Satzungsentwurfs genannten Informationen wären für Interessierte sowieso weltweit zugänglich.
2. Es sollte darüber hinaus sichergestellt sein, dass das Recht, Anfragen zu stellen und Auskünfte zu erhalten, auch in pseudonymisierter bzw. anonymisierter Form gewährleistet ist.
3. Ausnahmslos alle Informationen, die der Gemeindeverwaltung vorliegen und die
- a) keine personenbezogene Daten betreffen,
- b) nicht in Verschlusssachen enthalten sind,
- c) keine Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, in deren Offenbarung die oder der Betroffene nicht eingewilligt hat oder
- d) einem Berufs- oder besonderem Amtsgeheimnis unterliegen,
sind proaktiv durch den Gemeindevorstand in geeigneter Form auf einer Transparenzplattform zu veröffentlichen. Dies dient einerseits einer transparenten Informationspolitik, andererseits aber auch einer Entlastung der kommunalen Beschäftigten von einer (unnötig) erhöhten Anzahl von einzelnen Anfragen.
4. Die Kostenregelung für Auskünfte darf nicht abschreckend auf antragstellende Bürger*innen wirken.
5. Mit der Schaffung einer Ombudsstelle bzw. der Funktion einer/eines Informationsfreiheitsbeauftragten wird sichergestellt, dass sowohl anfragenden Bürger*innen und juristischen Personen als auch den Beschäftigten der Gemeindeverwaltung eine kompetente Beratung bei Fragen und/oder Konflikten zur Verfügung stehen würde.“