Verwaltungsgericht Wiesbaden: Vorlage zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur DSGVO vor dem Hintergrund der Einführung von Livestream-Unterricht in Schulen
Gegenstand eines personalvertretungsrechtlichen Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden ist die Frage, ob es bei der Einführung eines Livestreamunterrichtes durch Videokonferenzsysteme neben der Einwilligung der Eltern für ihre Kinder oder der volljährigen Schüler, auch der Einwilligung der jeweiligen Lehrkraft bedarf oder die hier erfolgende Datenverarbeitung durch das Hessisches Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG) gedeckt ist, sowie über die Frage, welche Rechte der Personalrat hierbei hat. Das Verfahren wurde auf der Grundlage des § 111 Abs. 2 HPVG vom Personalrateiner hessischen Schule eingeleitet.
Die Fachkammer für Personalvertretungsrecht Land hat Zweifel daran, dass es sich bei den einschlägigen hessischen Vorschriften (§ 23 Abs. 1 S. 1 HDSIG und § 86 Abs. 4 S. 1 HBG) um Normen handele, die die Anforderungen des Art. 88 Abs. 2 DS-GVO erfüllten. Diese Anforderungen seien weder in den hessischen Normen selbst, noch durch ergänzende Normvorgaben an anderer Stelle des jeweiligen Gesetzes erfüllt worden. Die Fachkammer für Personalvertretungsrecht Land des VG Wiesbaden hat deshalb entschieden, dem EuGH die Frage vorzulegen, ob eine Vorschrift bestimmte inhaltliche Anforderungen der DS-GVO erfüllen müsse, um eine „spezifische Vorschrift“ im Sinne der DS-GVO zu sein. Zudem sei zu klären, ob eine nationale Norm, wenn sie diese Anforderungen offensichtlich nicht erfülle, trotzdem noch anwendbar bleiben könne.
Von der Klärung dieser Frage hänge ab, ob die hessischen Vorschriften zum Datenschutz die Anforderungen der DS-GVO erfüllten und ob diese Normen trotz eines möglichen Verstoßes anwendbar blieben.
Die Bedenken der Fachkammer für Personalvertretungsrechtwürden vom Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschluss vom 07. Mai 2019 – 1 ABR 53/17 -, BAGE 166, 309-322, Rn. 47) zur wortgleichen Norm im Bundesdatenschutzgesetz nicht geteilt, erklärt das Verwaltungsgericht Wiesbaden. Die Fachkammer für Personalvertretungsrecht ist jedoch der Ansicht, dass allein der Hinweis, dass der Verantwortliche insbesondere die in der DS-GVO dargelegten Grundsätze einzuhalten habe (§ 23 Abs. 5 HDSIG; entspreche wortgleich § 26 Abs. 5 BDSG), nicht den Vorgaben der DS-GVO (Art. 88 Abs. 2 DS-GVO) genüge.
Der Vorlagebeschluss (Az.: 23 K 1360/20.WI) ist unanfechtbar.
Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 27.01.2021
Update 30.01.2021: Das Urteil ist hier im Volltext veröffentlicht.