Verkehrte Welt (?!?) – Hauptpersonalrat der Bundespolizei lehnt Einführung von BodyCams ab – mit tw. guten und beachtenswerten Argumenten
Die ansonsten eher als glühende Verfechterin weiterer Überwachungsmaßnahmen bekannte Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat in einer Pressemitteilung vom 16.12.2017 eine Entscheidung des Hauptpersonalrat der Bundespolizei begrüßt, der gegenüber dem Bundesinnenministerium (BMI) sein Veto gegen die Beschaffung und Einführung von BodyCams eingelegt hat.
„Wir stimmen einer Beschaffung nur zu, wenn alle rechtlichen und praktischen Fragen vorab geklärt sind. Es kann doch nicht sein, dass Bild- und Tonaufzeichnungen angefertigt und gespeichert werden, ohne dass Datenschutzfragen abschließend geklärt wurden.“ – so Jörg Radek, stv. Bundesvorsitzender der GdP.
Diese Forderung ist richtig! Aber sie darf nicht nur für Uniformträger gelten!
So erklärte z. B. der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Rheinland-Pfalz in einer Stellungnahme: „… gehen mit dem Einsatz von Bodycams aber zahlreiche Grundrechtseingriffe einher, die eine hinreichend normenklare Ermächtigungsgrundlage erfordern und eine rechtstaatliche Anwendung. So wird in das Recht am eigenen Bild und das Recht am eigenen Wort als Ausprägung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmungen nach Art. 2 Abs.1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG in einem erheblichen Umfang eingegriffen. Neben den Personen, die während des unmittelbaren Kontakts mit dem kameraführenden Polizeibeamten aufgezeichnet werden, können auch unbeteiligte Dritte in den Aufnahmeradius gelangen. Dieser Radius ist gegenüber der statischen Videoanlage unvorhersehbar, was die mögliche Zufälligkeit der Erfassung erhöht….“
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Baden-Württemberg weist in einer Stellungnahme auf Bedingungen für einen regulären Einsatz von Schulterkameras für Polizisten hin: „Die Körperkameras können nicht nur der Eigensicherung der Beamten dienen, sondern die Aufnahmen stehen dann auch denen zur Verfügung, die sich möglicherweise von der Polizei falsch behandelt fühlen. Das setzt voraus, dass derjenige, der die Aufnahmen anfertigt, nicht frei darüber verfügen, sie insbesondere nicht selbst löschen kann“.
Die Landesbeauftragte für Datenschutz in Nordrhein-Westfalen hat im Gesetzgebungsverfahren zur Änderung des Polizeigesetzes in NRW kritisch Stellung genommen. Sie erklärte: „So existieren bislang keine belastbaren wissenschaftlichen Untersuchungen zur Wirksamkeit von Bodycams. Offen bleibt, auf welche belastbare Tatsachenbasis die behauptete ‚deeskalierende Wirkung‘ der Bodycams gestützt wird. Inwieweit Tonaufnahmen dem Zweck des Gesetzes dienlich sein sollen, ist ebenso nicht erkennbar… ‚Aus Gründen der „Waffengleichheit“ ist zu fordern, dass auch die Betroffenen Einsicht und Zugriff auf die Aufnahmen erhalten müssen, um diese als Beweismittel nutzen zu können. Aber auch dem Beschäftigtendatenschutz der Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ist Rechnung zu tragen…“
Wünschenswert wäre, dass Jörg Radek und die GdP sich nicht nur für die berechtigten datenschutzrechtlichen Belange der betroffenen PolizeibeamtInnen einsetzen, sondern sich auch für die Wahrung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz) aller BewohnerInnen dieses Landes einsetzen würden. Schließlich sind alle Bundespolizisten auf das Grundgesetz vereidigt worden.