Twitter-Nutzung durch Unternehmen ist geeignet, Leistung und Verhalten von Beschäftigten zu überwachen
Zu diesem Ergebnis kam das Landesarbeitsgericht Hamburg in einer Entscheidung vom 13.09.2018 (Aktenzeichen: 2 TaBV 5/18)
Was ging dem voraus? Ein Unternehmen mit Sitz in Hamburg betreibt durch mehrere Tochtergesellschaften Kinos in Deutschland. Auf Twitter richtete es einen Account ein, der unternehmensübergreifend für alle Kinos genutzt wurde. Der Gesamtbetriebsrat (GBR) des Unternehmens verlangte die Deaktivierung des Twitter-Accounts durch das Unternehmen und die Einleitung eines Mitbestimmungsverfahrens. Der GPR bewertete den Twitter-Account als Möglichkeit zur Leistungs- und Verhaltenskontrolle der Beschäftigten, weil durch die Nutzung der „Antwort“-Funktion durch andere Twitter-Nutzer*innen dem Unternehmen Angaben zu Leistung und Verhalten von Beschäftigten geboten würden. Dabei bezog sich der GBR)auf die Facebook-Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts „(BAG) vom 13.12.2016 (Aktenzeichen: 1 ABR 7/15) . In seinen dem Urteil vorangestellten Leitsätzen stellte das BAG fest: „Eine vom Arbeitgeber betriebene Facebookseite, die es den Nutzern von Facebook ermöglicht, über die Funktion ‚Besucher-Beiträge‘ Postings zum Verhalten und zur Leistung der beschäftigten Arbeitnehmer einzustellen, ist eine technische Einrichtung, die zur Überwachung der Arbeitnehmer iSd. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bestimmt ist. Die Bereitstellung der Funktion ‚Besucher-Beiträge‘ unterliegt der Mitbestimmung des Betriebsrats.“ Der GBR hielt dieses Urteil auch für anwendbar auf Twitter. Nachdem das Unternehmen das Begehren des GBR zurückwies, reichte er Klage beim Arbeitsgericht Hamburg ein. Während das Arbeitsgericht (ArbG) das Anliegen des Betriebsrats zurückwies, gab das Landesarbeitsgericht (LAG) dem Gesamtbetriebsrat Recht.
Was entschied das LAG Hamburg? Es kam zum Ergebnis, dass das Unternehmen durch die Einrichtung und Nutzung des Twitter-Accounts das Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG verletzt hat. Danach hat der Betriebsrat u.a. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Nach Bewertung des LAG stellt Twitter zumindest aufgrund der „Antwort“-Möglichkeit eine solch technische Einrichtung dar. Diese Funktion ermöglicht den Twitter-Nutzern, auf die Nachrichten des Unternehmen Antworten zum Verhalten und zur Leistung der Beschäftigtenauf Twitter einzustellen. Für das LAG spielt es keine Rolle, dass die Antworten auf die Tweets der Arbeitgeberin auf den Accounts der Antwortenden verbleiben und von der Arbeitgeberin nicht gelöscht werden können.
Im Ergebnis stellte das LAG Hamburg fest: § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dient dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Beschäftigten vor Beeinträchtigungen durch technische Überwachungseinrichtungen. Daher ist der Speicherort für die Frage des Schutzzwecks der Vorschrift ohne Bedeutung. Maßgeblich ist die Frage, für wen die Nachrichten einsehbar sind.
Das Verfahren ist derzeit beim BAG anhängig (Aktenzeichen: 1 ABR 40/18).