Schengener Informationssystem: Geheimdiensten des Bundes sollen unter Zuhilfenahme des Bundeskriminalamt demnächst europaweite Fahndungen ermöglicht werden
Darauf weist ein Beitrag auf der Homepage der Zeitschrift Bürgerrechte & Polizei / CILIP hin, der am 21.11.2022 veröffentlicht wurde.
Eingangs des Beitrags wird informiert: „Im Jahr 2018 wurden neue Verordnungen zum Schengener Informationssystem verabschiedet ((EU) 2018/1860, (EU)2018/1861, (EU)2018/1862), mit denen der Umfang der im Schengener Informationssystem (SIS) gespeicherten Daten sowohl inhaltlich – etwa hinsichtlich ausreisepflichtiger Drittstaatsangehöriger – als auch bezüglich der erfassten Daten – Fingerabdrücke, DNA-Profile, und weitere – deutlich erweitert wurde. Auch ist nicht mehr nur die Polizei an dieses ‚SIS 3.0‘ anzuschließen, sondern eine ganze Reihe weiterer Behörden… Die Verordnungen sind zwar unmittelbar geltendes Recht, müssen also als solche nicht in nationales Recht überführt und umgesetzt werden…“
In dem Beitrag, der umfangreich darstellt, welche Befugnisse den Polizeibehörden und Geheimdiensten der EU-Mitgliedsstaaten mit den genannten Verordnungen der EU eingeräumt werden, wird darauf hingewiesen, dass die Bundesregierung beabsichtigt, das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten aufzuweichen: „Die kriminalpolizeiliche Behörde soll für das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), das Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst (BAMAD) und den Bundesnachrichtendienst (BND) Ausschreibungen zur verdeckten Kontrolle nach Art. 36 Abs. 1 und 4 der Verordnung (EU) 2018/1862 vornehmen. Als Nachrichtendienste dürfen BfV, BAMAD und BND nicht unmittelbar auf das SIS bzw. N.SIS zugreifen… die Ausschreibungen der Dienste „zur verdeckten Kontrolle“ sollen „durch das Bundeskriminalamt in Amtshilfe im polizeilichen Informationsverbund“ erfolgen. Erhält das BKA im Trefferfall von einer anderen Polizeibehörde die entsprechenden Informationen zu Ort und Zeitpunkt sowie ggf. weitere Angaben zur Person, hat es diese wiederum an die Dienste weiterzuleiten. Die andere Polizeibehörde erfährt dabei nicht, dass die verdeckte Ausschreibung tatsächlich von einem deutschen Geheimdienst stammt.“
Im zitierten Beitrag wird dazu festgestellt: „Dabei handelt es sich um einen klaren Verstoß gegen das Trennungsgebot von Polizei und Nachrichtendiensten in der Bundesrepublik. Das Bundesverfassungsgericht hat in einer aktuellen Entscheidung (siehe Verfassungsschutz verletzt Trennungsgebot) seine Rechtsprechung zum (informationellen) Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten bestätigt und vertieft. Kern des Trennungsgebotes ist, dass die Geheimdienste in Deutschland keine dem Polizeirecht vergleichbaren Befugnisse haben dürfen, mit Zwangsmitteln in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger einzugreifen. Einen solchen Eingriff stellt aber schon eine Personalienfeststellung dar. Über den Umweg über ein Instrument zum polizeilichen Informationsaustausch darf hier das BfV also zukünftig jedenfalls indirekt auf die polizeilichen Durchgriffsbefugnisse zurückgreifen, um das eigene Informationsaufkommen anzureichern …“