Quellen-TKÜ für Geheimdienste – eine rote Linie für den Rechtsstaat
Die Bundesregierung hat am 21.10.2020 beschlossen, dass den Geheimdiensten des Bundes (Bundesnachrichtendienst – BND, Bundesamt für Verfassungsschutz und Militärischer Abschirmdienst – MAD) und der 16 Bundesländer neue weitreichende Überwachungsbefugnisse eingeräumt werden sollen. Zugelassen werden soll die sogenannte Quellen-TKÜ: Diese ermöglicht ein Abhören von Telefonaten sowie die Überwachung anderer Formen elektronischer Kommunikation, etwa Messenger-Dienste. Dazu wird ein Programm (Staatstrojaner) eingesetzt, das sich in den Übertragungsweg einschaltet und Daten abfängt, noch bevor sie verschlüsselt werden.
Dr. Nikolaos Gazeas, Mitglied des Ausschusses Gefahrenabwehrrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) erklärte dazu in einer Stellungnahme vom 21.10.2020: „Hier soll eines der letzten Tabus fallen: Bislang war die Quellen-TKÜ als ‚kleiner Bruder‘ der Online-Durchsuchung allein den Polizeibehörden im Falle einer konkreten Gefahr und den Strafverfolgungsbehörden bei der Verfolgung besonders schwerer Straftaten erlaubt. Das soll nun auf das riesige Vorfeld der nachrichtendienstlichen Beobachtung ausgeweitet werden, das zeitlich wesentlich früher beginnt. Die Quellen-TKÜ bedeutet einen erheblichen Eingriff in die Grundrechte der Betroffenen und ist ein weiterer Baustein hin zu einer Rundum-Überwachung. Ab dem Zeitpunkt der Anordnung der Maßnahme soll sogar rückwirkend sämtliche Kommunikation auf dem Smartphone ausgelesen werden dürfen. Der Staatstrojaner soll also auf abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Kommunikationsvorgänge zugreifen dürfen. Das missachtet Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zum Abfangen laufender Kommunikation. Daneben ist die Quellen-TKÜ eine massive Gefahr für die IT-Sicherheit: Der Staat betätigt sich hierbei als Hacker und nutzt Sicherheitslücken, die er eigentlich schließen sollte – und lässt damit sehenden Auges ein Einfallstor für Kriminelle offen. Die Bundesregierung überschreitet mit diesem Gesetzentwurf eine Linie, die in einem liberalen Rechtsstaat eine rote Linie sein sollte.“
Quelle: Homepage des Deutschen Anwaltvereins (DAV)
Eine berechtigte Sichtweise:
Quelle: Legal Tribune Online (LTO)