London 2017 = Orwell’s 1984 ?

Datenschutzrheinmain/ Juni 16, 2016/ alle Beiträge, staatliche Überwachung / Vorratsdatenspeicherung, Uncategorized, Videoüberwachung/ 0 comments

Unter der Überschrift Datenschutz ade: Bald werden alle Briten gläsern meldet die Homepage ingenieur.de der VDI Verlag GmbH am 15.06.2016:  „Die Überwachung der Bevölkerung nimmt in zahlreichen Ländern immer weiter zu. Den Vogel dürften aber bald wohl die Briten abschießen: Das Innenministerium in London plant eine Großrechenanlage, in der sämtliche Daten zu jeder Person im Land jede Minute greifbar sind und in Sekundenschnelle zu kompletten Personenprofilen zusammengestellt werden können… Das Innenministerium zielt mit seiner neuesten Planung darauf ab, sämtliche Einwohner – und wohl auch alle Ausländer, die sich legal im Lande aufhalten – in einem Zentralrechner mit sämtlichen verfügbaren Daten über sie zu speichern. Dabei sollen alle irgendwo von der öffentlichen Hand geführten Daten auf den zentralen Großrechner übertragen werden… Die vorgesehene Zentralisierung aller Datenbestände soll nach Angaben des Innenministeriums vor allem drei große Vorteile bringen: Erstens eine weitere Reduzierung der Verbrechenshäufigkeit bei gleichzeitiger Verbesserung der Aufklärung von Verbrechen. Zweitens eine wesentliche Verbesserung der Sicherheit an den Grenzen. Drittens eine deutlich spürbare Vorbeugung gegenüber Terrorismus. Nicht aufgeführt in dieser Liste ist noch ein anderes Ziel, welches das Innenministerium auch nicht bestreitet: eine nachhaltige Reduzierung der Kosten in der Datenvorhaltung und –auswertung…“

Wer da nicht an Orwells Großen Bruder aus dem Roman 1984 denkt?

Aber es kommt noch schlimmer. In weiteren Berichten des – bisher nicht sonderlich durch gesellschaftskritische Berichterstattung aufgefallenen – VDI Verlags wird das Ausmaß der bislang schon herrschenden Überwachung in Großbritannien deutlich.  Am 01.07.2014 meldete ingenieur.de: Viele Millionen Überwachungskameras sind inzwischen in Großbritannien offen und versteckt installiert und halten die Bewegungen aller Menschen fest, egal, ob sie zu Fuß, mit dem Rad, per Auto oder mit dem Boot unterwegs sind. Viele Menschen werden von den britischen Behörden sogar schon fotografiert, ehe sie überhaupt ins Land einreisen. In Calais in Frankreich lichten die britischen Passbeamten in- und ausländische Autofahrer ab, ohne dass diesen das überhaupt bewusst wird…“

Und am 18.12.2015 ist auf ingenier.de zu lesen: „Jedes britische Auto wird pro Stunde viermal gefilmt. 35 Millionen Autokennzeichen werden in Großbritannien aktuell jeden Tag von Überwachungskameras erfasst. Vor fünf Jahren waren es erst 14 Millionen. In keinem anderen Land nimmt die automatisierte Überwachung des Autoverkehrs so rasch zu. Inzwischen können die Behörden fast lückenlose Bewegungsprofile erstellen…“

Ob George Orwell sich ein solches Ausmaß an Überwachung vorstellen konnte?

1984_(Frontcover_der_Erstausgabe_von_1949)

1984“ (Frontcover der Erstausgabe von 1949)

My home is my castle – dieser fast 500 Jahre alte englische Rechts- und Verfassungsgrundsatz drückt aus, dass alles, was in den eigenen vier Wänden geschieht, niemanden etwas angeht und diese Privatsphäre für alle anderen tabu ist. Er wurde in langen und harten Auseinandersetzungen gegen die damalige englische Obrigkeit durchgesetzt.

Wundern muss man sich, dass eine Gesellschaft, die sich sehr früh eine – wenn auch nicht geschriebene, so trotzdem wirksame – Verfassung mit vielen bürgerlichen Freiheitsrechten erkämpft hat, sich seit Ende des 20. Jahrhunderts scheinbar widerstandslos von ihrer Regierung in einen totalen Überwachungsstaat führen lässt. Sollte Orwell doch recht behalten mit seiner Prophezeiung, dass London das Zentrum des „Big Brother“ ist?

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