Klage beim Bundesverfassungsgericht gegen uferlose Befugnisse des Bayerischen Inlandsgeheimdienstes

Datenschutzrheinmain/ August 6, 2017/ alle Beiträge/ 0Kommentare

Die Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. (GFF) hat eine Verfassungsbeschwerde gegen eine Vielzahl von exzessiven Überwachungsvorschriften des am 01.08.2016 in Kraft getretenen Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes (BayVSG) eingereicht. Mit diesem Gesetz stattet der Freistaat Bayern seinen Inlandsgeheimdienst mit einem in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellosen Arsenal an Überwachungsbefugnissen aus, das ohne effektive rechtsstaatliche Kontrolle nach Gutdünken eingesetzt werden soll:

  • Präzedenzlos ist das Zugriffsrecht des Landesamts für Verfassungsschutz auf die bei den Telekommunikationsprovidern gespeicherten Verkehrsdaten (Vorratsdatenspeicherung). Um abfragen zu können, wer wann mit wem telefoniert oder SMS ausgetauscht hat, benötigt ein Staatsanwalt einen richterlichen Beschluss. Der bayerische Geheimdienst hingegen soll auf diese heiklen Daten unkontrollierten Zugriff bekommen – und das, obwohl der Bundesgesetzgeber die Vorratsdaten den Geheimdiensten gar nicht zur Verfügung stellen wollte. Um die Daten gleichwohl anzuzapfen, deuten die Bayern ihren Inlandsgeheimdienst kurzerhand zur Gefahrenabwehrbehörde um – gerade so, als gäbe es keine Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten.
  • Weitere im BayVSG vorgesehene Grundrechtseingriffe gehen deutlich über diejenigen der Inlandsgeheimdienste der anderen Länder oder des Bundes hinaus und halten sich nicht an die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Vorgaben. So kann eine Online-Durchsuchung teils schon gegen bloße Kontakt- und Begleitpersonen angeordnet werden. Damit droht auch solchen Menschen die Ausforschung durch sogenannte Staatstrojaner, die sich nicht das Geringste haben zuschulden kommen lassen. Weder der Kernbereich privater Lebensgestaltung noch berufliche Vertrauensverhältnisse etwa von Ärztinnen oder Rechtsanwälten sind hinreichend geschützt. Auch der gezielt gegen Personen gerichtete Einsatz von verdeckten Ermittlern und V-Leuten ist ohne präzise gesetzliche Anforderungen vorgesehen.
  • Wirksame Kontrollen der geheimdienstlichen Überwachungstätigkeit durch unabhängige Stellen sind im BayVSG nicht vorgesehen, auch die gerichtliche Überprüfung wird teilweise übermäßig erschwert. Unzulässig weit gehen überdies die Befugnisse des Bayerischen Verfassungsschutzes, erhobene Daten an inländische und ausländische öffentliche Stellen, aber auch an Private und an Unternehmen weiterzugeben.

Um eine solche uferlose geheimdienstliche Überwachungstätigkeit zu verhindern, hat die GFF Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht (Aktenzeichen: 1 BvR 1619/17). Die Beschwerdeführer sind mehrere Personen, die als Funktionsträger bzw. Mitglieder von im Bayerischen Verfassungsschutzbericht erwähnten Organisationen glaubhaft machen können, Gegenstand der geheimdienstlichen Überwachung zu sein. Zu diesen Organisationen gehört insbesondere der Landesverband Bayern der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA).

Quelle: Pressemitteilung der GFF vom 02.08.2017

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