Ist das noch Sozialdatenschutz? Berlinerin erhält von einem (ihr unbekannten) Zeitarbeitsunternehmen Aufforderung zum Vorstellungsgespräch

Sozial-Datenschutz/ April 30, 2021/ alle Beiträge, Sozialdatenschutz/ 1Kommentare

Von der BASTA! Erwerbsloseninitiative Berlin erhielt die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main eine Anfrage zu einer datenschutzrechtlichen Problematik.

Eine Frau aus Berlin, die sich an BASTA! zur Beratung gewandt hatte, legte dort ein Schreiben eines Zeitarbeitsunternehmens vor, das sie ohne eigene Anforderung oder vorherigen Kontakt zum Unternehmen erhalten hat.

Das Schreiben in anonymisierter Form

Nach Rückfragen bei der betroffenen Person stellt sich folgender Sachverhalt heraus:

  • Die Frau bezieht Leistungen nach SGB II von einem der Jobcenter in Berlin.
  • Mit dem Zeitarbeitsunternehmen, das ihr die Aufforderung zu einem Vorstellungsgespräch zugesandt hat, hatte sie zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit Kontakt; sie hat dem Unternehmen auch nie selbst ihre Kontaktdaten (Name, Anschrift) übergeben.
  • Von der Möglichkeit, sich mit personenbezogenen Angaben in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit (BA) als arbeitssuchend zu registrieren, hat sie zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit Gebrauch gemacht.

Stellt sich die Frage: Woher hat das Zeitarbeitsunternehmen Name und Adresse der Frau erhalten? Vom Jobcenter? Von der Bundesagentur für Arbeit (BA)?

Um das herauszufinden, rät die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main der betroffenen Person, sich mit Auskunftsbegehren gem. Art. 15 der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) an das Unternehmen sowie an das zuständige Jobcenter und an die zuständige Regionaldirektion der BA zu wenden. Dafür wurden der betroffenen Person von der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main zwei verschiedene Musterschreiben zur Verfügung gestellt die hier (Zeitarbeitsunternehmen) und hier (Jobcenter und BA) hinterlegt sind.

Zwei weitere Hinweise:

  • Der Bundesdatenschutzbeauftragte ist Datenschutz-Aufsichtsbehörde für die Behörden nach Bundesrecht, das sind auch die BA und die Jobcenter in gemeinsamer Trägerschaft von BA und jeweiliger kommunaler Behörde.
  • Die Landesdatenschutzbeauftragten sind zuständig für alle Landes- und Kommunalbehörden im jeweiligen Bundesland, dazu zählen auch die Jobcenter in alleiniger kommunaler Trägerschaft,  sowie für alle privaten Unternehmen, Vereine, Hausbesitzer etc., die ihren Wohn- oder Geschäftssitz in ihrem jeweiligen Bundesland haben.
  • Eine Übersicht über die Kontaktdaten des Bundes- und der Landesdatenschutzbeauftragten finden Sie hier und hier.

Und wichtig im Bezug auf den Löschungsanspruch nach Art. 17 der EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist folgendes:

  • Da die Jobcenter und die BA auf gesetzlicher Grundlage viele Daten von Betroffenen „legal“ verarbeiten dürfen, läuft hier ein Löschungsanspruch in Leere – es sei denn, es seien Daten im Einzelfall unrechtmäßig gespeichert. Dies kann insbesondere bei Aktenvermerken von Sachbearbeiter*innen der Fall sein, wenn sie diskriminierende, rassistische, sexistische oder vergleichbare Texte enthalten.
  • Bei einem privaten Unternehmen nicht gleichzeitig einen Antrag auf Auskunft und einen Antrag auf Löschung stellen. Sonst kommt im Zweifel die Mitteilung: „Tut uns leid, wir können Ihnen keine Auskunft erteilen, weil wir Ihre Daten gem. Ihrem Löschungsantrag gelöscht haben.“

1 Kommentar

  1. Machen die in Frankfurt auch so.

    Die Person bezieht Leistungen nach SGB II von einem der Jobcenter in Frankfurt Ost.
    Mit dem Zeitarbeitsunternehmen, das ihr die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch zugesandt hat, hatte sie zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit Kontakt; sie hat dem Unternehmen auch nie selbst ihre Kontaktdaten (Name, Anschrift) übergeben.
    Von der Möglichkeit, sich mit personenbezogenen Angaben in der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit (BA) als arbeitssuchend zu registrieren, hat sie zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit Gebrauch gemacht.

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