Informationsfreiheit und Transparenz der öffentliche Verwaltung in Frankfurt: Ein Schritt vor, dann zwei zurück…

Transparenz/ August 5, 2024/ alle Beiträge, Informationsfreiheit / Transparenz, Regionales/ 0Kommentare

Mit Etatantrag vom 06.06.2024, (E 253) hat die Rathauskoalition aus Grünen, SPD, FDP und Volt die Schaffung einer Vollzeit-Sachbearbeitungsstelle für Anfragen nach der Informationsfreiheitssatzung der Stadt Frankfurt beantragt.

Diese Stelle soll die Koordinierung von Anfragen sowie die Abstimmung mit den betroffenen Ämtern übernehmen und bei der Erarbeitung einer langfristigen Struktur für Anfragen gemäß Informationsfreiheitssatzung mitwirken. Sie soll darüber hinaus zur breiteren Bekanntheit der Informationspflichten bzw. Informationsmöglichkeiten gemäß der Informationsfreiheitssatzung in Verwaltung und Bürger*innenschaft beitragen und bei der Veröffentlichung von Anfragen mitwirken.

So weit, so gut mit den Absichtserklärungen.

Aber wie sieht die Realität aus?

Mit Zustimmung zum Etatantrag E163/23 vom 16.06.2023 hat die Stadtverordnetenversammlung bereits vor einem Jahr die Schaffung einer Ombudsstelle (50%) beschlossen, die als Clearingstelle zur Klärung von Problemfällen bei Informationsfreiheitsanfragen und als Anlaufstelle und Vermittlerin für Bürger*innen und Verwaltung bei unklarer Rechtslage dienen soll. Beim Blick auf die Homepage der Stadt Frankfurt findet man zwar Mit dem Suchbegriff „Ombudsstelle“ rund zwei Dutzend Ergebnisse, aber darunter ist keine, die auf die Ombudsstelle zur Informationsfreiheitssatzung verweist. Die naheliegende Vermutung: Diese Stelle ist noch nicht besetzt worden.

Für ein Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main war dies Anlass, am 06.07.2024 eine Anfrage an das Personal- und Organisationsamt der Stadt Frankfurt zu richten: Ich beziehe mich auf die  Informationsfreiheitssatzung der Stadt Frankfurt und bitte darum, mir folgende Unterlagen in elektronischer Form (ggf. als pdf-Dateien) zur Verfügung zu stellen:

  1. Die Stellen- bzw. Aufgabenbeschreibung der im Etatantrag E163/23 definierten Stelle;
  2. die Benennung der Organisationskennziffer und der Kontaktdaten der im Etatantrag E163/23 definierten Stelle;
  3. für den Fall, dass die im Etatantrag E163/23 definierte Stelle noch nicht geschaffen bzw. noch nicht besetzt worden ist, die Gründe für diesen Sachverhalt.“

Und siehe da, kurz vor Ablauf der Monatsfrist ging die Antwort ein – kurz, knapp und unbefriedigend:

Ihr Antrag auf Auskunft nach der Informationsfreiheitssatzung der Stadt Frankfurt am Main ist leider abzulehnen. Diese Nachricht ist kostenfrei…“

Die Begründung für die Ablehnung des Antrags war dafür umfangreicher und aussagekräftiger:

„… Mit den Ziffern 1 bis 3 Ihrer… E-Mail begehrten Sie verschiedene Informationen und Unterlagen zum Etatantrag E 163 – Informationsfreiheitsatzung: Schaffung einer Ombudsstelle und Übernahme von Auskunftskosten – vom 16.06.2023, den die Stadtverordnetenversammlung am 20.07.2023 (§ 3563) beschlossen hat. In der Folge wurde mit Rechtskraft des Haushaltes 2023 zum 15.12.2023 eine Planstelle (50%) nach EGr. 13 TVöD als Ombudsstelle für Anfragen nach der Informationsfreiheitssatzung geschaffen. Unabhängig hiervon sind jedoch zunächst… die Zuordnung der Wahrnehmung der grundsätzlichen und koordinierenden Aufgaben im Rahmen der städtischen Informationsfreiheitssatzung zu klären und zu beordnen. Dies ist bislang noch nicht abschließend erfolgt und die zuständigen städtischen Stellen prüfen derzeit noch die Umsetzung geeigneter Maßnahmen und beraten intern das Weitere hierzu. Insofern liegen die konkret von Ihnen erwünschten Informationen und Unterlagen zum Etatantrag E 163/23 derzeit nicht vor. Nach § 84 Absatz 1 des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes (HDSG) ist daher zum Schutz dieser behördlichen Entscheidungsprozesse Ihr Antrag vom 06.07.2024 abzulehnen. Hinsichtlich der vorstehenden Ausführungen zur abschließenden Beordnung der Aufgaben zur Informationsfreiheitssatzung weisen wir abschließend darauf hin, dass die Stadt Frankfurt am Main diese zu gegebener Zeit in geeigneter Weise bekanntgeben wird. Gleichwohl ist aktuell noch nicht absehbar, wann diese Informationen bereitstehen werden.“

Die Informationsfreiheitssatzung der Stadt Frankfurt trat am 01.04.2023 in Kraft, nachdem sie am 30.03.2024 unter Mitachtung von Anregungen und Kritik aus den Reihen der Stadtverordneten und der interessierten Öffentlichkeit von den Koalitionsfraktionen im Schweinsgalopp beschlossen wurde.Aber bislang gibt es auf der Homepage der Stadt Frankfurt lediglich ein Online-Formular, das Anfragen nach der Informationsfreiheitssatzung erleichtern soll. Eine Infrastruktur und verbindliche Regelungen für die Ämter und Betriebe der Stadtverwaltung für die Bearbeitung von Anfragen fehlt nach wie vor.

Der Ausschuss für Personal, Sicherheit und Digitalisierung der Stadtverordnetenversammlung hat am 08.07.2024 den neuerlichen Etatantrag der Rathauskoalition vom 06.06.2024, (E 253) mit großer Mehrheit (lediglich die CDU verweigerte die Zustimmung) beschlossen. Ein Beschluss der Stadtverordnetenversammlung dazu steht noch aus. Auch wenn der Antrag grundsätzlich zu begrüßen ist,

  • dass die zusammen 1,5 Stellen „in einem Projekt zur ‚Klassifizierung von Informationen‘ erarbeiten, welche Arten von Informationen standardmäßig von Ämtern an Bürger*innen herausgegeben werden können, welche Informationen nicht veröffentlicht werden können und welches Verfahren bei Unsicherheiten gewählt werden soll.“ und
  • es Wunsch der Antragsteller*innen ist, dass „die Möglichkeit, Anfragen zu stellen… deutlich prominenter im Online-Angebot der Stadt Frankfurt auffindbar sein“ soll und „ab 2025 zum Thema ‚Anfragen nach Informationsfreiheitssatzung‘ ein kompakter jährlicher Tätigkeitsbericht“ den Stadtverordneten“ vorzulegen sei,

ist – nach den Erfahrungen mit der Umsetzung des Stadtverordnetenbeschlusses aus 2023 (siehe oben) – damit zu rechnen, dass auch bei diesem Beschluss mit (über-)langen Fristen zu rechnen ist.

Versprechungen, Wunschvorstellungen und harte Realitäten

  • In ihrem Koalitionsvertrag vom Mai 2021 haben die Fraktionen von Grünen, SPD, FDP und Volt vereinbart, für Frankfurt “eine kommunale Informationsfreiheits- und Transparenzsatzung im Sinne der Datensouveränität als rechtssichere Grundlage der Herausgabe von nicht personenbezogenen öffentlichen Daten“ zu schaffen. Und weiter: „Wir lassen uns dabei von dem Gedanken leiten, möglichst viele Daten öffentlich verfügbar zu haben…“ sowie „Wir setzen uns dafür ein, dass allgemeine, nicht-personenbezogene Daten, die von der Stadt erfasst werden… einfach und digital öffentlich zugänglich gemacht werden.
  • Und in einem am 09.12.2021 mehrheitlich von den Stadtverordneten beschlossenen Antrag der Koalitionsfraktionen wird gefordert: „Möglichst viele Daten öffentlich verfügbar zu haben – eine kommunale Informationsfreiheits- und Transparenzsatzung für Frankfurt!“. Der Magistrat wird damit beauftragt, „der Stadtverordnetenversammlung den Entwurf einer kommunalen Informationsfreiheitssatzung im Sinne der Datensouveränität als rechtssichere Grundlage der Herausgabe von nicht personenbezogenen öffentlichen Daten vorzulegen“.

Davon ist die Realität in Frankfurt auch fast drei Jahre nach Abschluss des Koalitionsvertrags noch weit entfernt.


Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat den Entwurf einer kommunalen Mustersatzung Informationsfreiheit für Städte und Gemeinden, Landkreise, Anstalten und Stiftungen öffentlichen Rechts und kommunale Zweckverbände in Hessen erarbeitet. Er ist auch den Stadtverordneten der Römerkoalition zur Lektüre zu empfehlen.

 

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