Gegen eine Neuauflage der Extremismusklausel in Hessen – Kritik am Entwurf des „Verfassungsschutz“-Gesetzes von CDU und Grünen in Hessen

Datenschutzrheinmain/ Dezember 9, 2017/ alle Beiträge, Hessische Landespolitik, Polizei und Geheimdienste (BRD)/ 0Kommentare

In einer gemeinsamen Stellungnahme haben die Forschungsstelle Rechtsextremismus/Neonazismus an der Hochschule Düsseldorf, das Komitee für Grundrechte und Demokratie, der Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi) und mehrere weitere Institutionen am 06.12.2017 an die Fraktionen im Hessischen Landtag appelliert: Entziehen Sie dem Innenministerium die Zuständigkeit für die Förderung von Demokratieprojekten! Stimmen Sie dem Entwurf für das neue Verfassungsschutzgesetz nicht zu!

Auszüge aus der Stellungnahme:

„Das Hessische Kompetenzzentrum Extremismusprävention (HKE), das im Innenministerium für das Landesprogramm ‚Hessen aktiv für Demokratie und gegen Extremismus‘ zuständig ist, hat für die Förderverträge ab 2018 nicht nur eine Klausel angekündigt, wonach die Bildungsträger ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung unterschreiben müssen. Die Projektträger sollen auch in eine anlasslose ’sicherheitsbehördliche Überprüfung‘ einwilligen. Dabei handelt es sich um eine Anfrage beim Verfassungsschutz über die Zuverlässigkeit der Mitarbeiter*innen in den geförderten Projekten. Diese Überprüfung ist noch nicht einmal bei der Einstellung ins Beamtenverhältnis vorgesehen. Im Entwurf eines neuen Verfassungsschutzgesetzes für Hessen soll diese ‚Überprüfung der Zuverlässigkeit von Personen‘ in den aus Landesmitteln geförderten Projekten in § 21 gesetzlich verankert werden. Hessen würde damit eine verschärfte Neuauflage der ‚Extremismusklausel‘ verhängen, die für Fördermittel des Bundes 2011 eingeführt, aber nach nicht verstummender zivilgesellschaftlicher Kritik aus guten Gründen 2014 wieder zurückgenommen wurde.

Autoritäre Staaten stellen ihre engagierten – und damit potentiell auch immer gegenüber dem Staat kritischen – Bürger*innen unter Verdacht. Sie wissen um die Wirkung einer Politik des Misstrauens, der personenbezogenen Ausspähung und des Einsatzes von Geheimdiensten. Auch und gerade angesichts der Tatsache, dass es erstmals einer Partei mit dezidiert nationalistischer, rassistischer und genderfeindlicher Programmatik gelungen ist, in den Bundestag einzuziehen, wirft das Vorhaben weitreichende Fragen zum demokratischen Selbstverständnis des Innenministeriums und damit der hessischen Landesregierung auf. Diese werden genährt durch die fortlaufende Behinderung der Aufklärung des NSU-Mordes in Kassel und der Rolle des Hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz.

Die Förderung von Demokratie(bildung) ist im Hessischen Innenministerium nicht mehr in guten Händen. Menschen und Einrichtungen, die sich für demokratische Grundüberzeugungen einsetzen – in Opferberatungseinrichtungen, Präventionsprojekten und politischer Bildungsarbeit –, sind kein Sicherheitsrisiko. Es ist vielmehr ein Risiko für eine lebendige und kritikfähige Demokratie, sie einem derartigen Generalverdacht auszusetzen…

Wir fordern alle Mitglieder des Hessischen Landtages und ausdrücklich auch die Abgeordneten von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und CDU als Teile der Regierungskoalition auf, den schweren Vertrauensbruch zu heilen, indem die Zuständigkeit für Demokratieprojekte an das Hessische Kultus- oder Sozialministerium übertragen wird. Wir fordern Sie ferner auf, diesen Entwurf für ein neues Verfassungsschutzgesetz abzulehnen!“

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