„Ethische Aspekte der Digitalisierung im Gesundheitswesen“ – eine Ausschreibung des Bundesministeriums für Gesundheit
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat am 24.01.2017 eine Ausschreibung veröffentlicht, wonach „staatliche und nichtstaatliche Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Träger und Einrichtungen des Gesundheitswesens, gemeinnützige Körperschaften (z. B. eingetragene Vereine, Stiftungen und gemeinnützige GmbHs)“ Fördergelder des BMG in Anspruch nehmen können. Zum Umfang wird in der Ausschreibung mitgeteilt: „Für die Förderung von Projekten kann über einen Zeitraum von bis zu 30 Monaten eine nicht rückzahlbare Zuwendung im Wege der Projektförderung gewährt werden. Insgesamt stehen bis zu 1.500.000 Euro für den genannten Förderzeitraum zur Verfügung. Voraussichtlicher Projektbeginn ist im 3. Quartal 2017.“
Auf der Homepage, auf der die Ausschreibungen des Bundes online veröffentlicht werden, wird dazu mitgeteilt: „Auch im Gesundheitswesen schreitet die Digitalisierung voran und erschließt neue Möglichkeiten zur Optimierung von Prävention, Gesundheitsversorgung, Pflege und Patientensicherheit. Vieles spricht dafür, dass der erhoffte Nutzen für die Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung einhergeht mit wichtigen Impulsen für Forschung und Entwicklung sowie für die Gesundheitswirtschaft in Deutschland. Die sich verbreitenden Anwendungsmöglichkeiten von Digitalisierung werfen auch viele ethisch relevante Fragen auf. Das BMG lädt mit der vorliegenden Bekanntmachung Forscherinnen und Forscher ein, Vorhabenbeschreibungen vorzulegen, die Beiträge zur Aufarbeitung vorgenannter Themenkomplexe aus ethischer Sicht leisten. Denkbare Fragestellungen bzw. Untersuchungsgegenstände sind:
A Ethisch relevante Auswirkungen der Digitalisierung im Gesundheitswesen auf das Individuum, auf verschiedene Bevölkerungsgruppen und die Gesellschaft insgesamt, auf die Rechts- und Solidargemeinschaft, auf das Staatswesen und die Zusammenarbeit zwischen Staaten und Staatenverbünden.
B Entwicklung ethischer Kriterien für die Bewertung und für die Abwägung bei Bewertungskonflikten digitaler Anwendungen mit Gesundheitsbezug und im Gesundheitswesen.“
Fragen, die sich ein interessierter Leser stellt:
- Warum werden solche Themen erst nach der Verabschiedung des e-Health-Gesetzes und nach den Absagen des Bundesgesundheitsministers Gröhe (CDU) und der Bundeskanzlerin Merkel (CDU) an Datenschutz im Gesundheitswesen bearbeitet?
- Können WissenschaftlerInnen unter diesen Umständen überhaupt noch voraussetzungslos und unbeeinflusst Stellungnahmen zu den genannten Themen erarbeiten?
- Oder dient diese Ausschreibung lediglich als Alibi, um den mit der Gesetzgebung und der Positionierung von Gröhe und Merkel begonnen Weg zu kaschieren?
Meine erster Gedanke war, viel zu spät in der falschen Reihenfolge , erst ein neues Gesundheitssystem unbeschrieben, ohne technische, soziale und ethische Folgenabschätzung, auf den Weg bringen und dann anfangen die Folgen und Auswirkungen zu untersuchen. Privacy by design und citizen science sind Fremdworte, genauso wie die Bürger nicht in den Prozess der Entwicklung des neuen Gesundheitssystem miteinbezogen worden sind. Die Gesellschaft kann es sich nicht mehr leisten dieses politische System in der jetzigen Form mit diesen schlechten Ergebnissen beizubehalten. Der Begriff Reformen wird zwar gern genutzt, aber es wird nicht wirklich reformiert. Die 1.500.000 Euro sollten für eine neue umfassende Analyse der eGK und TI eingesetzt werden und die Aussschreibungsziele wären dann nur Bestandteile. In gesellschaftlicher und politischer Hinsicht gehören also nicht nur die in der Ausschreibung eingegrenzten Gruppen dazu, die sich beteiligen dürfen, sondern die Bürger! Naheliegend ist Aspekte der Salongesellschaft in neuer Form zu beleben, in dem Philosophen, Schriftsteller, Künstler, Handwerker und alle anderen sich beteiligen können. Der Staat ist die Summe seiner Bürger. Das Wissen des Staates ist die Summe seiner Bürger. Ausschreibungen müssen heute in flüssigen Feedback-Prozessen ganz anders konzipiert und umgesetzt werden, sonst kommen wir nicht weiter. Die elektronische Gesundheitskarte u. Telematikinfrastruktur gefährdet die Bürger und die Gesellschaft in einem hohen und bisher unaufgeklärten Maße, davon darf diese Aussschreibung nicht ablenken!