Eine Informationsfreiheitssatzung braucht Darmstadt nicht – teilt Oberbürgermeister J. Partsch (Grüne) mit

Transparenz/ Juni 30, 2020/ alle Beiträge, Digitalstadt Darmstadt, Informationsfreiheit / Transparenz/ 1Kommentare

In einem Kommentar im Darmstädter Echo vom 11.05.2020 wurde festgestellt: Das Recht auf Informationsfreiheit fußt auf Artikel 5 des Grundgesetzes… und ist gestärkt worden durch eigens geschaffene Gesetze für Bund, Länder und Kommunen. Dass Darmstadt noch keine solche Satzung erlassen hat, ist ein großes Manko für die Transparenz. Es schürt zudem den Verdacht, dass es etwas zu verbergen gibt. Und irritiert umso mehr in einer Wissenschaftsstadt, die transparent und modern sein will. Es ist überfällig: Darmstadt sollte eine Informationsfreiheitssatzung bekommen. Auf dass der Informationsfluss nicht in der Einbahnstraße stecken bleibt.“

Für die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main war dieser Kommentar Anlass, den Darmstädter Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) und die Fraktionen in der Stadtverordnetenversammlung aufzufordern, eine kommunalen Informationsfreiheitssatzung zu erarbeiten, die über die restriktiven Regelungen in den §§ 80 – 89 HDSIG hinaus geht. Eine Mustersatzung (Entwurf) Informationsfreiheit für Städte und Gemeinden, erarbeitet von der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main, war dem Anschreiben beigefügt.

Mit Datum 24.06.2020 antwortete der Darmstädter Oberbürgermeister. Der Kern seiner Stellungnahme: Aus Sicht des Magistrats hat eine Informationsfreiheitssatzung für die Wissenschaftsstadt Darmstadt derzeit nicht obere Priorität. Die Begründung dafür: „die von der Stadt ermöglichte umfangreiche Bürgerbeteiligung… Diese Beteiligung eröffnet… für alle Darmstädterinnen und Darmstädter Möglichkeiten, weitaus qualifiziertere Informationen zu ihren Belangen zu erhalten, als es nach einer Satzung nach dem Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG) gegeben wäre…“

Sehen wir uns also diese Instrumente der Bürger*innen-Beteiligung in Darmstadt näher an.

Quelle: Homepage der Stadt Darmstadt

  • Vor mehreren Jahren hat die Stadt Darmstadt Leitlinien zur Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in der Wissenschaftsstadt Darmstadt“ erlassen. Darin werden vier Stufe(n) der Bürgerbeteiligung“ benannt und mit Beispielen illustriert: Informieren“, „Anhören“, „Mitgestalten“ und (Mit)Entscheiden“ (Leitlinien… S. 49). Zudem werden eine Vielzahl von Gremien benannt, die öffentlich (Leitlinien… S. 42 ff.) oder nichtöffentlich (Leitlinien… S. 45 ff.) arbeiten und in denen tw. Interessierte Bürger*innen mitarbeiten können.
  • Die Durchführung von Bürgerbeteiligung“ wird aber strikt paternalistisch verstanden: „Für die Durchführung eines Beteiligungsverfahrens ist das jeweils federführende Fachamt in Abstimmung mit dem Dezernenten bzw. der Dezernentin zuständig, ggf. mit Unterstützung durch das Büro der/des Bürgerbeauftragten.“ (Leitlinien… S. 23)
  • In einer Vorhabenliste  sind die (derzeit) 40 Projekte einsehbar, zu denen der Magistrat und die Verwaltung der Stadt Darmstadt Bürger*innen-Beteiligung zulassen.

Daneben gibt es noch

Diese Instrumente der Bürger*innen-Beteiligung mögen im Einzelfall sinnvoll oder hilfreich sein, um sich zu informieren und auf die Gestaltung der Stadt(-politik) Einfluss nehmen zu können. Sie ersetzen aber nicht umfassenden Informationsfreiheitsrechte, wie sie in § 4 (Transparenzpflicht) der Mustersatzung (Entwurf) Informationsfreiheit für Städte und Gemeinden enthalten sind. Einige Beispiele:

  • Verwaltungsvorschriften,
  • Dienstanweisungen für die Stadt- / Gemeindeverwaltung,
  • Aktenplan,
  • Subventions- und Zuwendungsbescheide,
  • Beteiligungsberichte der Stadt / Gemeinde an Unternehmen in Privatrechtsform,
  • von der Stadt / Gemeinde eingeholte Gutachten,
  • von der Stadt / Gemeinde abgeschlossene Verträge.

Vor diesem Hintergrund widerspricht die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main entschieden der Bewertung des Darmstädter Oberbürgermeisters, wonach „die von der Stadt ermöglichte umfangreiche Bürgerbeteiligung… für alle Darmstädterinnen und Darmstädter Möglichkeiten (eröffnet), weitaus qualifiziertere Informationen zu ihren Belangen zu erhalten, als es nach einer Satzung nach dem Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG) gegeben wäre…“.


Dass es auch anders geht, macht die Stadt Offenbach deutlich. Dort hat die Stadtverordnetenversammlung am 18.06.2020 einen Änderungsantrag von CDU, B´90/Die Grünen, FDP und FW vom 12.06.2020 zum Antrag der Fraktion Die LINKE vom 04.06.2020 beschlossen, um damit einen Weg einzuleiten, mit dem eine Informationsfreiheitssatzung für Offenbach bis spätesten 31.03.2021 geschaffen werden soll.

Der Antrag der Fraktion Die LINKE bezog sich auf die  Mustersatzung (Entwurf) Informationsfreiheit für Städte und Gemeinden“, die von der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main erarbeitet wurde. Der beschlossene Änderungsantrag von von CDU, B´90/Die Grünen, FDP und FW greift zumindest wesentliche Elemente dieser Mustersatzung auf.

1 Kommentar

  1. Leider gibt es immer noch viele Politiker, die lieber im Verborgenen arbeiten, nach Beschlüssen oder Vertragsunterzeichnung erst mit Ergebnissen an die Öffentlichkeit treten.
    Änderungen im Nachhinein sind häufig nicht mehr möglich oder teuer.
    Manche Information “könnte die Bürger verunsichern… Das hatten wir schon einmal.

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