Datenschutzskandal: Schamlose Hetze gegen Ausländer durch Veröffentlichung eines gefälschten Leistungsbescheids des Jobcenters Merseburg

Datenschutzrheinmain/ November 19, 2016/ alle Beiträge, Sozialdatenschutz/ 0Kommentare

einzelfallbearbeiter-anonymisiert

Dieser von der Redaktion dieser Homepage anonymisierte Leistungsbescheid wurde am 11.11.2016 unter Angabe von kompletten Personalangaben, der Adresse der Familie und dem Aktenzeichen auf Twitter veröffentlicht. Einem Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main fiel die Veröffentlichung ins Auge. Es richtete am 12.11.2016 eine E-Mail an das Jobcenter Merseburg, den Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt sowie an Polizei und Staatsanwaltschaft in Sachsen-Anhalt mit folgendem Inhalt: „…auf Twitter wurde vom Account https://twitter.com/Einzelfallbearb ein vermutlich echter Leistungsbescheid des Jobcenters Merseburg (Saalekreis) mit Namen, Anschrift und Leistungsanspruch der Akteninhaberin und ihrer Familienmitglieder veröffentlicht (siehe beigefügte Datei). Sollte meine Vermutung richtig sein, dass diese Veröffentlichung 1. einen echten Leistungsbescheid wiedergibt und 2. es sich nicht um den Leistungsbescheid der Person handelt, die für den genannten Twitter-Account verantwortlich ist möchte ich Sie bitten, als Datenschutzaufsichtsbehörde bzw. als Strafverfolgungsbehörde 1. den Sachverhalt zu prüfen, 2. den Verantwortlichen für diese Veröffentlichung zweifelsfrei zu identifizieren und 3. die ihnen zur Verfügung stehenden datenschutzrechtlichen bzw. strafrechtlichen Maßnahmen gegen den hier vorliegenden Bruch des Sozialgeheimnisses und dessen Verantwortlichen zu ergreifen. Ich erstatte hiermit auch aus allen rechtlichen Gründen Strafanzeige gegen den Verantwortlichen für diese Veröffentlichung…“

Das Jobcenter Merseburg (Saalekreis) bestätigte vor wenigen Tagen in einer Stellungnahme auf seiner Homepage, dass der Veröffentlichung ein echter – wenn auch in den Angaben zur  Leistungshöhe gefälschter  – Leistungsbescheid zugrunde lag. In der Stellungnahme wird wie folgt informiert: „In den letzten Tagen ist ein Leistungsbescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für eine 7-köpfige Familie im Internet veröffentlicht worden. Wir distanzieren uns entschieden von dem Verstoß gegen den Sozialdatenschutz durch Veröffentlichung und Verbreitung eines Leistungsbescheides, der in unserem Jobcenter ausgestellt wurde. Die bewusste unvollständige Veröffentlichung des Bescheides dient der Täuschung der Öffentlichkeit. Damit wird die tatsächlich der Familie zur Verfügung stehende Leistung für den Lebensunterhalt, die dem gesetzlichen Rahmen entspricht und deutlich unter der veröffentlichten Summe liegt, bewusst verschleiert. Dieser Bescheid ist in Papierform versendet worden und hat, nach unserem Wissen, den Empfänger auch erreicht. Wir besitzen keine Kenntnis darüber, wer diesen Bescheid abfotografiert und ins Netz gestellt hat. Wir haben wegen der Veröffentlichung Strafanzeige gegen Unbekannt erstattet und den Landesdatenschutzbeauftragten informiert. Wir bedanken uns für die konstruktiven Hinweise besorgter Bürger…“

Eine Stellungnahme und Handlungsweise des Jobcenters Merseburg, die auf Zustimmung trifft. Wäre da nicht die Verwendung des einschlägig besetzten Begriffs besorgter Bürger für den bzw. die Hinweisgeber und Anzeigeerstatter.

Den Titel „besorgte Bürger“ hat sich die in Deutschland im Übermaß vorhandene rechtsradikale, lügende, pöbelnde und gewalttätige Subkultur selbst verliehen. Mitglieder der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main sorgen sich zwar um Datenschutz  und informationelle Selbstbestimmung, möchten aber mit dieser Art „besorgter Bürger“ auf keinen Fall verwechselt werden.

Der MDR berichtete bisher zwei Mal über die Angelegenheit, im zweiten Bericht wird deutlich,  dass die betroffene Familie nach Veröffentlichung des gefälschten Bescheids durch Individuen aus dem Milieu “besorgter Bürger”, sprich: aus der rechtsradikalen, lügenden, pöbelnden und gewalttätigen Subkultur, bedroht wurden.

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*