Dass Maaßen gehen muss reicht nicht aus: „Verfassungsschutz“ämter auflösen!

Datenschutzrheinmain/ September 16, 2018/ alle Beiträge, Polizei und Geheimdienste (BRD)/ 0Kommentare

Die Deutsche Welle (DW), der Auslandssender der Bundesrepublik Deutschland, hat am 16.09.2018 einen Beitrag unter dem Titel „Der Verfassungsschutz und seine Skandale“ veröffentlicht. Einleitend wird darin festgestellt: Seit seiner Gründung im Jahr 1950 hat das Bundesamt für Verfassungsschutz immer wieder für Skandale gesorgt.“ Benannt werden sechs Beispiele, als aktuellste davon

  • der mehr als nur fragwürdige Umgang des Bundesamtes für „“ (BfV) und diverser Landesämter mit dem Nationalsozialistischen Untergrund (NSU),
  • die über 38 Jahre andauende Überwachung des Rechtsanwalts und Publizisten Rolf Gössner und
  • das V-Mann-System der Geheimdienste, die das Bundesverfassungsgericht im Mai 2003 veranlassten, das Verbotsverfahren gegen die NPD einzustellen.

Umfangreicher werden auf Wikipedia in einer Liste insgesamt 31 Skandale um rechtswidriges oder mindestens rechtlich zweifelhaftes Verhalten der Geheimdienste (incl. Auslandsgeheimdienst BND und Militärgeheimdienst MAD) erfasst. Auch diese Auflistung ist nicht vollständig; dort fehlt z. B. der Skandal um den Umgang mit Murat Kurnaz, in dem Hans-Georg Maaßen, damals zuständiger Referatsleiter für Ausländerrecht im Bundesinnenministerium, eine mehr als unrühmliche Rolle spielte.

Quellen:  bzw. @fragdenstaat 16.09.2018

Und noch nicht aufgelistet sind die neuesten Informationen, die sich mit dem Namen Hans-Georg Maaßen, verbinden,

  • Zweifel an den Aussagen des BfV-Chefs in Sachen Aktivitäten des BfV im Umfeld des Breitscheidplatz-Attentäters A. Amri;
  • die Kontakte des BfV-Chefs zu diversen Vertreter*innen der AfD, die auch den Verdacht begründen, dass er der AfD bevorzugt und rechtswidrig Informationen zur Verfügung stellte und
  • seine rechtlich und tatsächlich nicht haltbaren Verdächtigungen, die sich unter dem Stichwort #Chemnitz zusammenfassen lassen.

Ob Maaßen als Chef des BfV in den nächsten Tagen abgelöst wird, scheint wesentlich davon abhängig zu sein, wie standfest die SPD-Führung ihre entsprechende Forderung gegenüber ihren Koalitionspartnern in CDU und CSU vertreten wird. Aber

selbst wenn Maaßen geht, das Strukturproblem bleibt.

Er wurde am 01.08.2012 Nachfolger des damaligen BfV-Chefs  Heinz Fromm, der wg. der Aktivitäten des BfV im Zusammenhang mit dem NSU-Skandal und seiner politischen und juristischen Aufarbeitung vorzeitig seinen Hut nehmen musste. Das ist gerade erst sechs Jahre her…

Die Forderungen aus der demokratischen Öffentlichkeit und den Parteien nach Auflösung der Geheimdienste, mindestens aber nach eine grundlegenden personellen, rechtlichen und strukturellen Neuausrichtung der Inlandsgeheimdienste werden lauter.

Quelle:

Zuletzt hat die Bundestagsfraktion der Grünen zwar nicht die Auflösung, aber eine tiefgehende Strukturreform der Inlandsgeheimdienste gefordert. In der WELT vom  14.09.2018 haben Irene Mihalic und Konstantin von Notz, Bundestagsabgeordnete der Grünen unter der u. a. gefordert: Überschrift „Warum man den Verfassungsschutz zerschlagen muss“ erklärt: Die bisherigen Aufgaben des Verfassungsschutzes wollen wir zweiteilen: Ein „Institut zum Schutz der Verfassung“ wird als eigenständige Behörde ohne Eingriffsbefugnisse aufgestellt, die für die Aufklärung verfassungs- und menschenfeindlicher Bestrebungen mittels öffentlich zugänglicher Quellen und deren wissenschaftlicher Analyse zuständig ist.Seine Aufgabe soll es sein, Strukturen und Zusammenhänge verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu erkennen, wissenschaftlich zu analysieren, zu beobachten und transparent zu machen und die Sicherheitsbehörden auf mögliche Zuständigkeiten hinzuweisen. Das so verkleinerte ‚Amt zur Gefahrenerkennung und Spionageabwehr‘ soll für die Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Vorfeld konkreter Gefahren mit rechtsstaatlich eingehegten nachrichtendienstlichen Mitteln zuständig sein, die durch die Analyse offen zugänglicher Quellen eben nicht mehr geleistet werden kann. Seine Zuständigkeit endet, wenn die Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden beginnt – also bei Vorliegen konkreter Gefahren oder konkreter Straftaten…“

Linke und Piraten fordern seit mehreren Jahren, auch ausgelöst durch die Verwicklung der Inlandsgeheimnisse in die NSU-Mordserie, die Auflösung der „Verfassungsschutz“ämter.  So plädiert die Linke in Hessen für die Auflösung des „Verfassungsschutz“. Sie möchte statt dessen eine Informations- und Dokumentationsstelle einrichten für Bestrebungen gegen die Verfassung (ohne V-Leute und ohne geheim­dienstliche Kompetenzen). Die Piraten-Partei Thüringen forderte im Beschluss ihres Parteitages im November 2011 (wenige Tage bevor der NSU-Skandal bekannt wurde) eine Auflösung des Thüringer „Verfassungsschutzes“ und kritisierte die Übernahme der Strukturen in das Innenministerium.

Auch zivilgesellschaftlich Organisationen stellen ähnliche Forderungen. Die Humanistische Union fordert seit Jahren die Auflösung des BfV. Das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung e.V. forderte Ende 2011 die Auflösung des „Verfassungsschutz“ als Konsequenz aus dem NSU-Skandal.  Als Konsequenz aus dem NSA-Skandal forderte der Chaos Computer Club im Juli 2013 die Auflösung der BfV zur Wiedereinführung von Grundrechten und Rechtsstaatlichkeit.

Diese Forderungen sind mehr als berechtigt. Sie müssen bei den kommenden Auseinandersetzungen und Aktivitäten, so z. B. bei der Demonstration am 13.10.2018 in Berlin, deutlich werden, um Demokratie und Menschenrechte zu verteidigen.

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