Das Implantateregister-Errichtungsgesetz – ein weiterer Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht über das eigene Leben, den eigenen Körper und die informationelle Selbstbestimmung

Gesunde_daten/ April 4, 2019/ alle Beiträge, Gesundheitsdatenschutz, Telematik-Infrastruktur/ 1Kommentare

Das Bundeskabinett hat am 03.04.2019 den Entwurf eines „Gesetzes zur Errichtung eines Implantateregisters Deutschland und zu weiteren Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch“ (Implantateregister-Errichtungsgesetz – EIRD) beschlossen.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat dazu erklärt: “Das Implantateregister ist ein wichtiger Schritt für mehr Patientensicherheit. Dadurch wissen wir künftig, wer welches Implantat bekommen hat. Wenn wir Probleme mit einem Produkt feststellen, können wir dann schnell abfragen, ob es ähnliche Fälle gibt und im Zweifelsfall Patienten warnen.”

  • Ziel des Registers sei es, die Sicherheit und Qualität von Implantationen für gesetzlich und privat Versicherte zu verbessern.
  • Dazu soll das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) als Registerstelle die zentrale Datensammlung übernehmen.
  • Für die Übermittlung der Datensätze wird die Telematikinfrastruktur genutzt.
  • Die Meldung an das Register wird für die Gesundheitseinrichtungen, die gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen und für alle Menschen mit Implantaten verpflichtend vorgeschrieben.

In der Begründung des Gesetzentwurfs wird dazu festgestellt:

  • Die Datenübermittlung… erfolgt auf einer gesetzlichen Grundlage ohne Einwilligung der betroffenen Patientinnen und Patienten.” (Gesetzentwurf S. 38)
  • Der Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Dieses Recht ist aber nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne hat kein Recht im Sinne einer absoluten, uneingeschränkten Herrschaft über seine Daten. ” (Gesetzentwurf S. 38)
  • Letztlich steht hinter dem Interesse an einer umfassenden Registrierung auch das Interesse des Bundes, seiner Schutzpflicht vor Gesundheitsschäden der Bevölkerung aufgrund von qualitativ schlechten Implantaten durch entsprechende Sicherungs- und Gefahrenabwehrmaßnahmen nachkommen zu können..” (Gesetzentwurf S. 40)
  • Die verpflichtende Datenübermittlung… und die Beschränkung des Rechts der betroffenen Patientinnen und Patienten auf informationelle Selbstbestimmung sind damit zur Erreichung der gesetzgeberischen Zwecke notwendig. Aus den gleichen Gründen ist die verpflichtende Datenübermittlung und Erfassung aller betroffenen Patientinnen und Patienten auch erforderlich, da die gesetzgeberischen Zwecke durch ein milderes Mittel – insbesondere durch eine Verarbeitung der Daten auf freiwilliger Basis – nicht erreicht werden können. Eine Verarbeitung der Daten betroffener Patientinnen und Patienten auf freiwilliger Basis – insbesondere auf der Grundlage einer Einwilligungserklärung betroffener Patientinnen und Patienten – würde die Erreichung der gesetzgeberischen Ziele nicht sicherstellen, da valide Daten nicht generiert und einer Auswertung mit belastbaren Ergebnissen nicht zugeführt werden könnten.” (Gesetzentwurf S. 41/42)

Verwiesen wird auf England. Dort “wurde bereits vor Jahren ein zentrales Brustimplantateregister eingeführt, das die freiwillige Teilnahme betroffener Patientinnen und Patienten ermöglichte. An diesem zentralen Brustimplantateregister beteiligten sich höchstens 50 Prozent der Patientinnen und Patienten, die freiwillig einer Aufnahme ihrer Daten in das Register zustimmten. Dieses zentrale Brustimplantateregister fand also keine flächendeckende Zustimmung betroffener Patientinnen und Patienten und war damit nicht geeignet, die Produkt- und Versorgungssicherheit bezogen auf Brustimplantate zu verbessern. Dieses Register wurde aus diesem Grund bereits im Jahre 2006 wieder eingestellt.” (Gesetzentwurf S. 42)

Die gesetzlichen Regelungen, die mit diesen vorstehend zitierten Begründungen geplant sind, finden sich vor allem in den §§ 16 (Meldepflichten gegenüber der Registerstelle), 17 (Meldepflichten gegenüber der Vertrauensstelle) und 18 (Art der Datenübermittlung) auf den Seiten 17/18 des Gesetzentwurfs.

Das Implantateregister-Errichtungsgesetz (EIRD) ähnelt in seinen Auswirkungen dem von Jens Spahn (CDU), Dr. Karl Lauterbach (SPD), Dr. Petra Sitte (Linke) und weiteren Abgeordnete am 01.04.2019 in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf zur Organspende. Dieses geht von der Maxime aus, dass ausnahmslos alle Personen als Organ- oder Gewebespender gelten, es sei denn, sie haben zu Lebzeiten einen Widerspruch gegen eine Organ- oder Gewebeentnahme nachweislich erklärt. Auch der Entwurf des Implantateregister-Errichtungsgesetzes (EIRD)  ist geprägt von einem paternalistischen Staatsverständnis, bei dem der Orwellsche “Große Bruder” weiß, was für die Menschen gut ist, so dass er deshalb ihr Recht auf Selbstbestimmung über ihr Leben und ihre Gesundheit begrenzen darf.

Festzustellen ist: Ein Zwangs-Implantateregister wäre eine weitere zentrale Datenbank mit sensiblen Gesundheitsdaten und ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Deshalb sei an Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes erinnert: Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.”

1 Kommentar

  1. Man könnte die Meinung haben, dass die Hauptziele von Jens Spahn folgende sind:
    Immer neue big-data-Datenbanken für die Forschung UND die Wirtschaft erzwingen,
    den Zuständigkeitsbereich für sein Ministerium und damit seine Macht aufblähen,
    für Parteikollegen oder sich selbst neue Arbeitsplätze generieren.

    Auf Basis der Telematikinfrastruktur wird vielleicht aus einzelnen interoperablen und „datenschutzkonformen“ „Fachdatenbanken“ (mittels Steuer-ID, Krankenversicherungs-ID, Krebsregister, Implantateregister usw.) ein DEUTSCHLANDNETZ aufgebaut, das alles ermöglicht; ALLES!

    Wäre er am Wohle der Patienten interessiert, so müssten die Gesetze für die Medizinprodukte grundlegend neu gestaltet und verschärft, die Haftung ausgeweitet und die Strafen erhöht werden.

    Die Beweislast bei einer eingetreten Schädigung müsste beim Hersteller liegen!

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