Bundesamt für Verfassungsschutz beantwortet Anfrage nach gespeicherten personenbezogenen Daten mit der Aufforderung zur Selbst-Denunziation

Datenschutzrheinmain/ Dezember 9, 2015/ alle Beiträge, NSA Skandal, staatliche Überwachung / Vorratsdatenspeicherung/ 0Kommentare

ausgeschnüffeltQuelle: Homepage der Humanistischen Union

Nach dem Ermittlungsverfahren wg. Verdacht auf Landesverrat gegen netzpolitik.org hat die Humanistische Union mit der Aktion “Ich habe Netzpolitik gelesen” BürgerrechtlerInnen und DatenschützerInnen dazu aufgerufen, eine Selbstauskunft beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) anfordern.

Eigentlich ganz normal, so ein Auskunftsbegehren. Im Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15.12.1983 (Aktenzeichen: 1 BvR 209/83) wird dieses Recht aus Auskunft, welche personenbezogenen Daten Dritte speichern und verarbeiten, u. a. wie folgt begründet: „Freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von dem Grundrecht des Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG umfasst. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen.“

Der Verfassungsschutz (BfV) sieht das völlig anders! Das musste ein Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main zu seinem Leidwesen erfahren. Nach Beteiligung an der Aktion “Ich habe Netzpolitik gelesen” und Versand eines entsprechenden Schreibens an das BfV erhielt der Anfrage folgende Auskunft:

auszug 1Geradezu aberwitzig wird dann auch noch eine Umkehrung der Verhältnisse konstruiert. Das BfV fühlt sich durch das Auskunftsbegehren unter Ausforschungsgefahr. Und es sieht die Gefahr, dass auskunftsbegehrende BürgerInnen nach erhaltener Auskunft dem BfV das Leben künftig schwerer machen könnten:

auszug 2Im Klartext: Nur wer sich selbst denunziert wg. angeblicher oder tatsächlicher Gefährdung der FDGO („Freiheitlich-demokratische Grundordnung“) soll einen Anspruch auf Auskunft über gespeicherte personenbezogene Daten haben. Das ist DemokratInnen und BürgerrechtlerInnen nicht zu empfehlen!

  • Sich mit seinem eigenen gesellschaftspolitischen Engagement gegenüber Behörden zu outen, die – wie mindestens der Thüringer, der Sächsische, der Berliner Verfassungsschutz und auch das BfV – in die Vertuschung der Verbrechen des NSU (Nationalsozialistischer Untergrund) tief verstrickt sind, ist nicht zumutbar.
  • Und dass der deutsche Auslandsgeheimdienst BND (Bundesnachrichtendienst) in der Zusammenarbeit mit US- und anderen Geheimdiensten regel- und gesetzwidrig gehandelt hat, erweist jeder Sitzungstag des NSA-Untersuchungsausschusses.

Der zitierte Brief des BfV ist hier im Wortlaut (anonymisiert) nachlesbar.

Informationen zu der Aktion “Ich habe Netzpolitik gelesen” finden Sie hier und hier.

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