Verwaltungsgericht Stuttgart: Verdachtsunabhängige Personenkontrollen der Polizei in Zügen sind rechtswidrig

Datenschutzrheinmain/ Oktober 27, 2015/ alle Beiträge, staatliche Überwachung / Vorratsdatenspeicherung/ 0 comments

Was war vorgefallen?

Ein Deutscher mit dunkler Hautfarbe wurde im November 2013 von Beamten der Bundespolizei in einem ICE im grenznahen Bereich zu Frankreich auf seine Identität überprüft. Da im gesamten Abteil nur er den kontrollierenden Beamten seine Personalien (Name, Wohnort, Staatsbürgerschaft etc.) nachweisen musste, hielt er die durchgeführte Personalienfeststellung für rechtswidrig.

Was war Gegenstand des Rechtsstreits?

Der Betroffene erklärte In seiner Klage, dass mit dieser polizeilichen Maßnahme in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingegriffen und zudem gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes verstoßen worden sei. Die Polizeidirektion Stuttgart der Bundespolizei vertrat die Ansicht, die Kontrolle des Klägers sei rechtmäßig gewesen. Im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km könne die Bundespolizei nach § 23 Bundespolizeigesetz die Identität von Personen überprüfen, um z. B. unerlaubte Einreisen nach Deutschland zu verhindern bzw. zu unterbinden.

Was entschied das Verwaltungsgericht Stuttgart?

Lt. Pressemitteilung vom 23.10.2015 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart entschieden, dass die Bundespolizei grundsätzlich nicht berechtigt ist, im Grenzgebiet zu einem anderen Schengen-Staat (hier: Frankreich) verdachtsunabhängige Personenkontrollen vorzunehmen. Das Gericht stützt sich bei seiner Entscheidung auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union. Dieses hatte 2010 zu einer vergleichbaren Rechtslage in Frankreichfestgestellt , dass eine Ermächtigung wie in § 23 Bundespolizeigesetz zu unspezifisch sei und damit den Ermessensspielraum der Polizei nicht hinreichend begrenze.

Mit der Frage, ob möglicherweise die Hautfarbe des Klägers bei der Entscheidung, gerade ihn und nicht andere Mitreisende in dem betreffenden Waggon zu kontrollieren, eine Rolle gespielt hat, und wie dies rechtlich zu bewerten wäre, hat sich das Gericht bedauerlicher Weise nicht befasst.

Das Urteil vom 22.10.2015 (Aktenzeichen: 1 K 5060/13) liegt derzeit noch nicht im Wortlaut vor.

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