Überprüfung der Datenschutzpraxis im Hessischen Landesamt für Verfassungsschutz nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“?
Der Niedersächsische Innenminister Boris Pistorius musste im Mai 2014 in einer Regierungserklärung Stellung nehmen zur illegalen Speicherung von Personendaten durch den niedersächsischen Verfassungsschutz (Quelle: http://www.landtag-niedersachsen.de/parlamentsdokumente/steno/17_wp/2014/endber034.pdf – dort auf den Seiten 3084 – 3085). Was Herr Pistorius berichtet, war erschreckend. Ca. 40 % der beim Niedersächsischen Verfassungsschutz gespeicherten personenbezogenen Daten waren illegal erhoben und gespeichert. Für die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main war dies Anfang September der Anlass, um in Schreiben an alle 21 Mitglieder des Innenausschusses des Hessischen Landtags zu fordern, dass eine vergleichbare Prüfung auch in Hessen stattfindet (https://ddrm.de/?p=2954).
Der FDP-Vertreter im Innenausschuss, der Landtagsabgeordnete Wolfgang Greilich, stellte am 20.10.2014 eine Kleine Anfrage „betreffend Speicherung von Personendaten durch den Verfassungsschutz“. U. a. fragte er: „Hat im Zuge der Erkenntnisse aus Niedersachsen eine Überprüfung der Datenbestände in Hessen stattgefunden?
a) Falls ja: Durch wen, und mit welchem Ergebnis?
b) Falls nein:
aa) Weshalb nicht?
bb) Plant die Landesregierung eine Überprüfung, beispielsweise durch eine gesondert eingerichtete Task-Force wie in Niedersachsen und unter Einbindung des Hessischen Datenschutzbeauftragten.“
Die Antwort von Innenminister Beuth vom 09.12.2014 ist außerordentlich widersprüchlich.
Einerseits stellt er am Ende seiner Antworten summarisch fest: „Die… dargestellten und in Ihrer Wirkungsweise erläuterten Kontrollmechanismen dienen dazu, unzulässige Speicherungen zu verhindern.“ Andererseits kann er aber nicht umhin einzuräumen, dass auch in Hessen genaueres Hinsehen auf die Praktiken des Hessischen Verfassungsschutzes notwendig ist. Er schreibt: „…wurde im Lichte der Erkenntnisse aus Niedersachsen bereits im Mai 2014 eine ‚Projektgruppe zur Überprüfung der Speicherung personenbezogener Daten‘ unter der Leitung der behördlichen Datenschutzbeauftragten des Landesamts gebildet. Diese Projektgruppe befindet sich gegenwärtig im Prüfungsprozess; ein Ergebnis liegt noch nicht vor.“
Die Hoffnung auf neue Erkenntnisse dürfte aber eher gering sein. Nach der Konstruktion der Projektgruppe überwacht wieder einmal der Verfassungsschutz selbst, was der Verfassungsschutz tut und ob er sich dabei an geltendes Recht hält. Denn die Leitung der Projektgruppe liegt beim behördlichen Datenschutzbeauftragten des Verfassungsschutzes selber, nicht – wie vom Landtagsabgeordneten Greilich angeregt – beim Hessischen Datenschutzbeauftragten.
Und den Verfassungschützern kann man doch trauen; sie schützen ja die Verfassung? Oder nicht? Oder doch?
Die Kleine Anfrage des FDP-Landtagsabgeordneten Wolfgang Greilich und die Antwort von Innenminister Peter Beuth ist hier im Wortlaut nachlesbar: Landtagsdrucksache 19-1044.
Nachtrag 18.12.2014
Heute erreichte die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main ein Schreiben der SPD-Landtagsfraktion, wonach sie bereits im Aktober 2014 folgenden Antrag in den Hess. Landtag eingebracht hat:
„1. Der Hessische Landtag verurteilt willkürliche Speicherungen von Daten durch Verfassungsschutzbehörden.
2. Der Hessische Landtag stellt fest, dass das Hessische Landesamt für Verfassungsschutz seine Aufgaben an den Grundrechten ausrichten und bei der Speicherung von Daten ge-wissenhaft in jedem Einzelfall die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes über-prüfen muss.
3. Der Hessische Landtag fordert die Landesregierung auf, nach niedersächsischem Vorbild eine Task-Force zur Überprüfung der personenbezogenen Speicherungen beim Hessischen Landesamt für Verfassungsschutz einzurichten und den Hessischen Landtag nach Abschluss der Arbeit über die Ergebnisse zu unterrichten.“ (siehe landtagsdrucksache 19-1034 antrag spd-fraktion)
Nach Information der SPD-Landtagsfraktion wird der Hessische Landtag am 15.01.2015 über den Antrag entscheiden. Bleibt zu hoffen, dass der Druck auf Innenministerium und Landesamt für Verfassungsschutz so erhöht wird, dass es nicht bei einen rein behördeninternen Prüfung unter Leitung des behördlichen Datenschutzbeauftragten bleibt, wie sie der Hess. Inneminister in seiner Antwort auf die Anfrage des FDP-Abgeordneten Greilich beschrieben hat.