Klare Absage an die Ausweitung von Body-Cams bei der Hessischen Polizei

Schuetze/ Oktober 1, 2014/ alle Beiträge, Hessische Landespolitik, Regionales, Videoüberwachung, Videoüberwachung in der Region/ 1Kommentare

Nach heutigen Pressemeldungen (z.B. Heise
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Hessen-weitet-Einsatz-von-Body-Cams-fuer-Polizisten-aus-2409874.html?wt_mc=rss.ho.beitrag.rdf)
will der Hessische Innenminister den Einsatz von sogenannten „Body-Cams“, also kleinen Schulter-Video-Kameras bei den Beamten der Polizei ausweiten. Der Modellversuch aus Frankfurt, Offenbach und Wiesbaden soll nun auf das ganze Bundesland ausgeweitet werden. Schon wird klein geredet, was bislang ausdrücklich gesetzliche Grenze dieser Art der Bürgerüberwachung war:

  • Nur in Gefahrensituationen, wobei sich die Gefahr gerade gegen Polizeibeamte richten muss.
  • Auf die Videoüberwachung muss durch ein Schriftzug hingewiesen werden.
  • Die so gewonnenen Aufzeichnungen unterliegen strengen Löschroutinen.
  • Schon werden diese Anforderungen infrage gestellt, und Forderungen nach einer gesetzlichen Ausweitung z.B. für zusätzlich Tonaufnahmen laut.

In diesem Zusammenhang erinnern dieDatenschützer Rhein Main an die Diskussionen um die Erweiterung von zahlreichen gesetzlichen Eingriffsbefugnissen im Rahmen der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung. Diese wurden immer mit der Verfolgung von schweren Verbrechen – Terrorismus, organisierte Kriminalität, Sexualstraftaten – begründet. Nunmehr sollen bloße Beleidigungstatbestände mit der ganzen Gewalt der digitalen Überwachungsmacht bekämpft werden. Hier überschreitet die Diskussion bereits eine Grenze, die nie ihren Niederschlag in Hessischen Gesetzen finden darf.

Wichtig bei der Bewertung des polizeilichen Modellversuchs als „Erfolg“ wäre ein transparenter Umgang mit der Beschreibung ihrer Verfahren. Dies verweigert die Hessische Polizei aber für alle ihre technischen Verfahren. So lässt sich nicht unterscheiden, ob der genannte Modellversuch derzeit nur propagandistisch schön geredet wird oder tatsächlich diese Art der Überwachung zu einem erhöhten Schutz der Beamten auf Streife geführt hat.

Schon früher für den derzeitigen Einsatz der Schulter-Kameras haben dieDatenschützer Rhein Main einen zurückhaltenden Einsatz angemahnt Link.

  • dieDatenschützer Rhein Main fordern, die Begrenzung der Anwendung der Schulter-Kameras auf Gebiete, nach denen Polizeibeamte einer erhöhten Verletzungsgefahr ausgesetzt sein müssen, zu belassen.
  • dieDatenschützer Rhein Main fordern eine deutliche Anzeige während die Kamera aufnimmt – durch ein helles Leuchtsignal (die Polizei muß damit transparent dar- und sicherstellen, dass die Kameras nur in Gefahrensituationen eingesetzt werden/ aufzeichnen).
  • dieDatenschützer Rhein Main fordern ein Verwertungsverbot vor Gericht bei anderen Straftaten die absichtlich, oder zufällig aufgezeichnet wurden und sich nicht gegen die Polizeibeamten richten.
  • dieDatenschützer Rhein Main fordern die Offenlegung der behördlichen Verfahrensbeschreibung (nicht nur) zu den Schulter-Kameras, damit Bürger selbst beurteilen können, ob es gute Gründe gibt, sich einer erhöhten staatlichen Überwachungsdichte auszusetzen, oder eher nicht.
  • dieDatenschützer Rhein Main fordern: Keine Erweiterung der Schulter-Kameras auf Ton-Aufnahmen.

von
Roland Schäfer

Update 04.10.2014

Eine gute Übersicht über die Pläne von Landespolizeibehörden zum Einsatz von Body-Cams hat die Bürgerrechtsgruppe freiheitsfoo aus Hannover veröffentlicht:  https://wiki.freiheitsfoo.de/pmwiki.php?n=Main.Polizei-Body-Cams.

informieren über die Stellungnahme der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main zum Einsatz von Bodycams

1 Kommentar

  1. Inzwischen haben die Bodycams an den Uniformen Frankfurter Polizisten sogar ihren Niederschlag in der Neuen Zürcher Zeitung gefunden: http://www.nzz.ch/international/deutschland-und-oesterreich/mehrere-bundeslaender-wollen-polizisten-mit-koerperkameras-ausstatten-1.18517014.

    Mit durchaus kritischen Aussagen: „Sind die Minikameras wirklich so effektiv, wie ihre Fürsprecher behaupten? Weder in den USA noch in Deutschland wurde dies bisher von einer unabhängigen Stelle untersucht… Nils Zurawski vom Institut für Kriminologische Sozialforschung mahnt deshalb zur Zurückhaltung. «Der Bericht aus Hessen ist löchrig ohne Ende», sagt Zurawski. Die Angriffe gegen Polizisten seien im Frankfurter Testbezirk von 27 auf 20 Fälle zurückgegangen. «Das allein auf Bodycams zurückzuführen, ist absurd», meint Zurawski. Man wisse überhaupt nicht, wie viele Einsätze die Beamten in diesem Zeitraum gehabt hätten. Ausserdem spielten viele andere Faktoren eine Rolle. Es könne auch schlicht Zufall sein…“

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