Erfolg im Kampf gegen ausufernde Videoüberwachung: Bundesverwaltungsgericht bestätigt, dass Kameras im Passauer Klostergarten rechtswidrig sind
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 22.05.2024 eine Beschwerde der Stadt Passau gegen ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abgewiesen und festgestellt, dass die großflächige Videoüberwachung im Passauer Klostergarten das Grundrecht auf Privatsphäre verletzt. Zu keinem Zeitpunkt bestand eine Gefährdungslage im Passauer Klostergarten, die eine großflächige Videoüberwachung und die damit verbundenen Einschränkungen von Grundrechten gerechtfertigt hätte, so der Bayerische Verwaltungsgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht.
Die Stadt Passau hatte 2018 begonnen, den belebten Platz im Stadtzentrum zu überwachen. Die Polizei hatte den Platz nicht überwachen können, weil die dafür notwendigen Voraussetzungen nicht vorlagen: Der Klostergarten war kein Kriminalitätsbrennpunkt, die Deliktszahlen waren zum Zeitpunkt der Einrichtung der Überwachungsmaßnahme sogar rückläufig. Die Stadt Passau entschied deshalb kurzerhand, die Überwachungsmaßnahmen selbst durchzuführen und stützte sich auf eine Regelung im Bayerischen Datenschutzgesetz, die sie zur Sicherung ihres Eigentums ermächtigt, nicht zur Gefahrenabwehr. Der Rückgriff auf diese Rechtsgrundlage ändert nichts an den grundrechtlichen Anforderungen, insbesondere nichts an der notwendigen Abwägung mit den Rechten der betroffenen Bürger auf Datenschutz und Privatsphäre. Eine Überwachung ist deshalb rechtswidrig.
„Endlich haben wir Gewissheit. Die Videoüberwachung war grundrechtswidrig und es gab keine prozessualen Gründe, die eine gerichtliche Überprüfung verhindern hätten können“, freut sich Kläger Josef Ilsanker. „Ich kann kaum erwarten, dass die Kameras nun abgebaut werden.“
Aus Sicht der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF), die den Kläger politisch und rechtlich unterstützte, ist die Entscheidung ein wichtiges Signal, weil derzeit die Möglichkeiten zur Videoüberwachung in Polizei- und Versammlungsgesetzen immer mehr ausgeweitet werden. Maßnahmen werden immer häufiger auch auf andere Vorschriften gestützt, um die Anforderungen der Polizeigesetze zu umgehen. Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist und bleibt ein intensiver Eingriff in Grundrechte, der nur unter sehr engen Bedingungen zulässig ist.
Weitere Informationen zur Klage gegen die Videoüberwachung in Passau finden Sie
auf der Homepage der GFF.
Eine Posse in der Neuen Passauer Presse:
Deren Redakteur Thomas Seider schreibt am 25.Mai: „Kläger Josef Ilsanker hat gewonnen, auch in höchster Instanz beim Bundesverwaltungsgericht. Genau genommen bedeutet der Ausgang vor Gericht erst einmal aber nur: Die Einzelperson Ilsanker darf im Klostergarten nicht von den Überwachungskameras aufgezeichnet werden. Ob das logischerweise auch für alle anderen Bürger zu gelten hat, weil es in der Praxis gar nicht anders geht, wird eine Entscheidung des Stadtrats sein. Der Stadtrat hat das letzte Wort, ob die Kameras jetzt abgebaut werden.“ (https://www.pnp.de/lokales/stadt-passau/kameras-abbauen-entscheidung-liegt-beim-stadtrat-16118748)
Eine sehr gewagte (oder auch sehr rechtsunkundige ?!?) Interpretation des Urteils aus Leipzig