Verwaltungsgericht Stade stärkt Rechte von Journalist*innen – Landeskriminalamt Niedersachsen unterliegt wegen jahrelanger rechtswidriger Datenspeicherung
Das Verwaltungsgericht Stade hat in einem am 11.07.2022 bekannt gegebenen Urteil vom28.04.2022 (Aktenzeichen: 10 A 553/19) die Rechte von Fachjournalist*innen gestärkt, die im Bereich Rechtsextremismus publizieren und zu Unrecht mit Strafanzeigen wegen übler Nachrede etc. überzogen werden. Das Gericht stellte fest, dass das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachen über Jahre zu Unrecht personenbezogene Daten über die Fachjournalistin Andrea Röpke gespeichert und vorgehalten hat. Grund für die Speicherung war eine Strafanzeige eines AFD-Mitgliedes, die eingestellt wurde, weil kein Strafantrag gestellt worden war.
Andrea Röpke hatte im November 2018 auf einen entsprechenden Auskunftsantrag vom LKA Niedersachsen die Mitteilung erhalten, dass über sie Daten nach einer online gestellten Strafanzeige eines AFD-Ratsherrn aus Papenburg wegen angeblicher übler Nachrede gegen eine Person des politischen Lebens (§ 188 StGB) gespeichert sind. Das Ermittlungsverfahren war durch die Staatsanwaltschaft Verden nach § 170 Abs. 2 StPO am 27.09.2018 eingestellt worden, da der AFD-Ratsherr trotz Rückfrage schon keinen wirksamen aber erforderlichen Strafantrag gestellt hatte.
Das LKA hat die sodann beantragte Löschung von Röpkes Daten auch im gerichtlichen Verfahren trotz dessen und wider besseres Wissen mit der Begründung verweigert, dass Andrea Röpke seit Jahren staatsschutzrechtlich bekannt sei und durch entsprechendes Verhalten regelmäßig in Erscheinung trete.
Das Verwaltungsgericht Stade ist dieser Darstellung in der Entscheidung mit grundsätzlicher Bedeutung entgegengetreten. Das der Speicherung zu Grunde liegende Bundeskriminalamtgesetz (BKAG) müsse verfassungsrechtlich so ausgelegt werden, dass dem Gericht die Überprüfung der Tatbestandsmerkmale der angezeigten angeblichen Straftat ermöglicht wird. Ein strafbares Verhalten von Andrea Röpke könne das Gericht nach Prüfung aber gerade nicht feststellen und dies hätte auch das LKA aufklären müssen. Zudem stehe die Bedeutung der Pressefreiheit als grundrechtlich geschützte Position (Art. 5 Abs. 1. S. 2 GG) schon wegen der nicht vorliegenden Schwere des Speicheranlasses über der Bedeutung der Daten für die Arbeit des LKA. Die Daten hätten daher spätestens auf den entsprechenden Antrag der Klägerin gelöscht werden müssen.
„Das Verwaltungsgericht Stade hat mit deutlichen Worten einer Datenspeicherpraxis des LKA Niedersachsen widersprochen, die vermutlich zu massenhaft rechtswidrigen Speicherungen aufgrund unberechtigter Strafanzeigen gegen Fachjournalist*innen geführt hat und führt.“ begrüßt der Göttinger Rechtsanwalt Sven Adam, der Andrea Röpke in dem Verfahren vertritt, die Entscheidung. „Gerade das LKA Niedersachsen sollte mit Blick auf die Datenskandale der letzten Jahre in Niedersachsen sensibilisiert sein und nicht auch noch AFD-Mitglieder mittelbar bei dem Versuch unterstützen, unliebsame Berichterstattung zu verhindern.“ so Adam weiter.
Quelle: Pressemitteilung des Göttinger Rechtsanwalts Sven Adam vom 13.07.2022