Oberlandesgericht Köln: Zweifel an der Nutzung von Dash-Cams als Beweismittel

Datenschutzrheinmain/ November 18, 2018/ alle Beiträge, Polizei und Geheimdienste (BRD), Videoüberwachung/ 0Kommentare

Mit Urteil vom 29.08.2018 (Aktenzeichen: 1 RBs 212/18) hat das Oberlandesgericht Köln festgestellt: Die von der Polizei in Nordrhein-Westfalen in vielen ihrer Fahrzeuge eingebauten Dasc-Cams sind nicht geeignet, um Geschwindigkeitsüberschreitungen gerichtsfest beweisbar zu machen. Es hat damit eine anderslautende Entscheidung des Amtsgerichts Köln aufgehoben.

In seiner Urteilsbegründung stellt das OLG fest: „Nach den getroffenen Feststellungen wurde die dem Betroffenen zur Last gelegte Geschwindigkeit durch zwei Polizeibeamte nachfahrend mit einem PKW ermittelt, wobei die Kontrollfeststellungen mittels einer DashCam aufgezeichnet und die Polizeibeamten sich zur Messung der Geschwindigkeit auf das GPS-Signal der DashCam gestützt haben… Soweit das Amtsgericht seine Überzeugung von der Richtigkeit der mittels GPS ermittelten Geschwindigkeit auf Ausführungen des ‚Sachverständigen Dr. X in einer Fortbildung‘ gründet, entbehrt seine Beweiswürdigung und Überzeugungsbildung nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze einer tragfähigen Tatsachengrundlage… Der Zeuge PK Q wird im Einklang mit dem Zeugen POK L in den Urteilsgründen dahingehend wiedergegeben, er könne keine Angaben zum Objektiv, zum technischen Gerät insgesamt oder zu Gerätenummer bzw. Benennung des GPS-Senders machen, diese Angaben könnten allerdings sicherlich herausgefunden werden. Das Amtsgericht hat auf dieser Grundlage ohne Kenntnis des Geräteaufbaus und ohne sachverständige Begutachtung der im konkreten Einzelfall gegenständlichen Messung entschieden und eine allgemeine, nicht auf eine konkrete Messung bezogene mündliche Aussage des Herrn Dr. X, die dieser gegenüber dem Senat schriftlich relativiert hat, gleichsam als ‚Sachverständigenbeweis‘ angesehen und zur Grundlage seiner Überzeugungsbildung gemacht. Dies genügt – angesichts der Komplexität der Fragestellung und ihrer Schwierigkeit in technischer Hinsicht nicht den Anforderungen an eine ausreichende Sachverhaltsaufklärung und ordnungsgemäße Überzeugungsbildung, die Grundlage einer Verurteilung sein könnte…“

Fahrzeuge der Polizei NRW, ausgerüstet mit Dash-Cams – hier bei einer Demonstration in Köln am 12.04.2014

Im Kölner Stadt-Anzeiger kommt der Anwalt des Klägers und die Kölner Polizei zum Urteil und den zugrunde liegenden Sachverhalten umfangreich zu Wort. Bemerkenswert die Aussage der Kölner Polizei: „‚Wir kennen es nicht im Detail, es liegt uns noch nicht vor‘, sagt Sprecher Karlo Kreitz. Mögliche Konsequenzen seien daher noch nicht absehbar. Denkbar ist, dass die Polizei künftig darauf verzichtet, die Dashcam-Videos als Beweis für Tempoverstöße heranzuziehen. Das sei ohnehin nicht der primäre Zweck, eher ein Nebenprodukt, sagt Kreitz. ‚Mit den Kameras soll in erster Linie das Rennverhalten dargestellt werden oder auch Rettungsgassen-Situationen. Dafür braucht man auch keine geeichten Geräte, da geht es um eine Videodokumentation.'“

Der interessierte Leser fragt sich: Wenn diese Aussage zutreffend sein sollte – warum werden Polizeifahrzeuge mit Dash-Cams dann auch bei Demonstrationen und Kundgebungen eingesetzt?

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