Vorlage und Speicherung von Kontoauszügen im Jobcenter Offenbach: Der Geschäftsführer der MainArbeit nimmt Stellung
Der Streit um die Vorlage ungeschwärzter Kontoauszüge bei Anträgen auf Leistungen nach SGB II (Arbeitslosengeld 2 / „Hartz IV“) und nach SGB XII (Sozialhilfe) ist so alt wie die Gesetze selbst. Mit Urteil vom 14.05.2020 (Aktenzeichen: B 14 AS 7/19 R) nahm das Bundessozialgericht (BSG) dazu erneut Stellung. Im Terminbericht des BSG wird dazu u. a. ausgeführt: Der Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung sei “auch bei einer zehnjährigen Speicherung verfassungsrechtlich gerechtfertigt… Jedoch können zum einen nicht leistungsrelevante Angaben über Zahlungsempfänger auf Kontoauszügen geschwärzt werden. Zum anderen ist die Einsicht in die Kontoauszüge auf zulässige Zwecke beschränkt. Das haben auch die Datenschutzbeauftragten zu sichern…“
Da sich in den letzten Jahren wiederholt „Kund*innen“ des kommunalen Jobcenters MainArbeit (Stadt Offenbach) in dieser Sache zur Beratung an die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main wandten, nahm die Gruppe das BSG-Urteil zum Anlass, um sich erneut mit einem Schreiben an das Jobcenter MainArbeit zu wenden. Darin wird darum gebeten, durch geeignete Informationen sicher zu stellen, dass 1. Antragsteller*innen auf SGB-II-Leistungen informiert werden, dass sie nicht leistungsrelevante Angaben über Zahlungsempfänger*innen auf Kontoauszügen schwärzen dürfen, bevor sie Kontoauszüge vorlegen und 2. nur Kontoauszüge mit Angaben zu Zahlungseingängen in der (elektronischen) Akte des Jobcenters gespeichert werden. Abschließend wird in dem Schreiben erklärt: „Wir gehen davon aus, dass Sie auf der Grundlage des genannten BSG-Urteils Ihre behördeninterne Arbeitsanweisung zu dieser Thematik überarbeiten werden und möchten Sie daher bitten, uns über die Inhalte dieser Neufassung zu unterrichten.“
Dr. Matthias Schulze-Böing, Geschäftsführer der MainArbeit, antwortete auf das Schreiben wir folgt: „Sie tragen vor, dass Kunden von meinen Mitarbeitern aufgefordert worden seien, ungeschwärzte Kontoauszüge vorzulegen. Ohne konkreten Fallbezug und nähere Angaben kann ich diesen Vortrag nicht in seiner Verallgemeinerung stehen lassen. Das Bundessozialgericht hat bereits mit damaligem Urteil vom 19.09.2008 – B 14 AS 45/07 R die Anforderung von Kontoauszügen zur Prüfung der Hilfebedürftigkeit für rechtmäßig erachtet und die Möglichkeit der Schwärzung von Kontoauszügen zu Empfängerinformationen in Bezug auf Auszahlungen aufgezeigt. Gleichzeitig hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass dieser Grundsatz nicht uneingeschränkt gilt und in Fällen, aus denen sich ergibt, dass in auffälliger Häufung oder Höhe Beträge überwiesen werden, eine Offenlegung des geschwärzten Adressaten durchaus gefordert werden kann. Ich darf Ihnen daher versichern, dass meine Mitarbeiter nicht grundlos und pauschal ungeschwärzte Kontoauszüge anfordern. Dass eine Schwärzung von Informationen auf der Ausgabenseite möglich ist, findet sich zudem auch als Vorgabe in unserer Weisung zur digitalen Aktenführung. Unsere Kunden erhalten ferner schon jetzt entsprechende Hinweise, dass eine Schwärzung von bestimmten Kontoinformationen möglich ist. Die MainArbeit verwendet die Formulare der Agentur für Arbeit nebst Ausfüllhinwiesen sowie das Merkblatt zum Arbeitslosengeld II, welche entsprechende Informationen zur Schwärzung von Empfänger und Verwendungszweck von Soll-Buchungen, die keinen Bezug zum SGB II –Leistungsbezug beinhalten, enthalten. Inwiefern die von Ihnen zitierte Entscheidung des Bundessozialgerichts aus diesem Jahr datenschutzrechtlich noch weitergehend, insb. bei der digitalen Aktenführung zu berücksichtigen ist, werden wir nach Vorlage der Langfassung des Urteils selbstverständlich prüfen.“
Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main nahm dazu wie folgt Stellung: „… wir bedanken uns für Ihre schnelle Antwort auf unser Schreiben vom 22.05.2020. Inhaltlich möchten wir dazu wie folgt Stellung nehmen: 1. Wir werden die Namen von uns bekannten Beschwerdeführer*innen nicht bekannt geben, um sie vor möglichen Repressalien zu schützen. 2. Wir würden es begrüßen, wenn Sie uns die die von Ihnen benannten Hinweise und Formulare im Wortlaut (in Papier- oder elektronischer Form) zur Verfügung stellen würden. Auf der Homepage der MainArbeit sind wir dazu leider nicht fündig geworden. Da die von Ihnen benannten Hinweise und Formulare keine personenbezogenen Daten enthalten, dürfte es für Sie kein Problem sein, sie auf der Homepage Ihrer Behörde zu hinterlegen oder sie ersatzweise interessierten Bürger*innen und der Öffentlichkeit auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Diese Dokumente öffentlich zugänglich zu machen wäre modernes, bürgernahes und transparentes Behördenhandeln. Sie würden damit auch zu einer Versachlichung der Diskussion beitragen, sowohl in der Öffentlichkeit als auch bei Vorsprachen von Antragsteller*innen in ihrer Behörde sowie bei der Beratung von Antragsteller*innen durch Erwerbsloseninitiativen und andere zivilgesellschaftlichen Gruppen.“
Das ist der Klassiker, so reagiert unser Dr. Schulze-Böing immer und bei allem:
Erst ist er nicht erreichbar, dann werden irrsinnige Hürden aufgebaut und Vorwände vorgeschoben um Schreiben nicht zu beantworten.
Erzwingt man schließlich und endlich die Kommunikation, heißt es dann in einem ersten Schritt:
„Ihre Kritik ist falsch, es gibt sehr wohl eine Rechtsgrundlage für das, was wir da machen.“
Und wenn Du dann beweisen kannst, dass es die doch nicht gibt, dann kommt der Schulzemuckel mit seiner Lieblingsanwort um die Ecke:
„Das stimmt ja gar nicht, was sie uns da vorwerfen, so etwas würden wir doch nie tun!“
Um weitere Auskünfte über den „Einzelfall“ zu erteilen wird dann vom Beschwerdeführer verlangt, er müsse jetzt erst mal den Namen seines Klienten preisgeben oder bei der Vorsprache den Peronslausweis seines Klienten im Jobcenter hinterlegen, was dem Beschwerdeführer gesetzlich gar nicht erlaubt ist.