Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis – Datenschutzaufsicht und Verwaltungsgericht Potsdam setzen Grenzen
Das Verwaltungsgericht Potsdam musste sich mit der Klage einer Zahnärztin befassen, die nicht damit einverstanden war, dass ihr die Landesbeauftragte für den Datenschutz Brandenburg die Videoüberwachung ihrer Praxisräume untersagt hatte. Die Zahnärztin hatte in ihren Praxisräumen im Eingangsbereich und in zwei Behandlungszimmern Videokameras installieren lassen. Die Monitore zum Betrachten der Aufnahmen befanden sich in den Behandlungszimmern, eine Aufzeichnung und Speicherung der Videodaten fand nicht statt. Vor und in den Praxisräumen waren Hinweisschilder mit der Aufschrift „Videogesichert“ angebracht.
Nach einer Beschwerde eines Patienten und einer Begehung der Praxis durch MitarbeiterInnen der Landesdatenschutzbeauftragten wurde von dieser der Betrieb der Kameras während der Öffnungszeiten der Praxis untersagt. Die von der Zahnärztin vorgetragenen Argumente für Sinnhaftigkeit und Rechtmäßigkeit Überwachung konnten nicht überzeugen. Die Landesdatenschutzbeauftragte stellte fest, dass während der Öffnungszeiten der Praxis sowohl die Videobeobachtung der öffentlich zugänglichen Räume als auch der Behandlungszimmer unzulässig sei. Nach § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sei es auch unerheblich; ob die Aufnahmen der Kameras aufgezeichnet würden.
Das Gericht widersprach der Argumentation der Klägerin, wonach die sichtbare Anbringung eines Piktogramms „Videoüberwachung“ als konkludente Einwilligung der Personen zu werten sei, die in Kenntnis der Videoüberwachung trotzdem die Praxis- und Behandlungsräume aufsuchten. Es stellte fest, dass das Anbringen eines Piktogramms „Videoüberwachung“ nicht zu einer wirksamen Einwilligung der Praxisbesucher führt. Eine Einwilligung sei nur wirksam ist, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruhe. Die Einwilligung bedürfe der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen sei. Eine an diesem Punkt vergleichbare Entscheidung hat auch das Verwaltungsgericht Saarlouis mit Urteil vom 29.01.2016 (Aktenzeichen: 1 K 1122/14) getroffen, das die Videoüberwachung des Verkaufsraums eine Apotheke untersagt hat.
Die Klage der Zahnärztin gegen die Auflagen der Datenschutzaufsicht wurde weitgehend zurückgewiesen. Nur in einem Punkt konnte sich die Klägerin durchsetzen. Nach Ansicht des Gerichts dürfen die in den Behandlungszimmern vorhandenen Kameras dann genutzt werden, wenn Patienten dem für die Dauer ihrer jeweiligen Behandlung zugestimmt hätten. Bei den Behandlungszimmern handele es sich zum einen nicht um öffentlich zugängliche Räume, zum anderen gehe es hier um besondere Arten personenbezogener Daten im Sinne von § 3 Abs. 9 BDSG (Gesundheit). Ein Verbot des Betriebs der Kameras sei daher nicht an § 6b BDSG, sondern an § 28 Abs. 6 bis 8 BDSG zu messen. Danach sei das Erheben und Nutzen von besonderen Arten personenbezogener Daten u.a. mit Einwilligung zulässig.
Aus Sicht des Verfassers muss sich das Verwaltungsgericht Potsdam zu diesem Teil seiner Entscheidung die Frage stellen lassen, ob in der spezifischen Situation einer Zahnbehandlung Patienten, die einer Videoüberwachung im Behandlungszimmer zustimmen, tatsächlich frei in ihrer Willensentscheidung sind und damit rechtswirksam einer Videoüberwachung zustimmen können.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 20.11.2015 (Aktenzeichen 9 K 725/13) ist derzeit im Internet noch nicht veröffentlicht.