Überwachung überall: Jetzt auch Body-Cams für den privaten Sicherheitsdienst der Deutschen Bahn
Die hessischen Innenminister Boris Rhein (CDU) und Peter Beuth (CDU) haben sie salonfähig gemacht: Die Body-Cams, mit denen Polizisten in Hessen zuerst im Rahmen von einigen Pilotprojekten, danach aber flächendeckend ausgerüstet wurden. Und seit Ende 2015 dürfen hessische Polizisten mit ihren Kameras sogar Tonaufzeichnungen machen (siehe § 14 Abs. 6 HSOG).
In der Frankf. Allgemeinen Zeitung (FAZ) wurde am 10.07.2016 unter der Überschrift „Bahn verteilt Bodycams an Mitarbeiter“ gemeldet: „Als Reaktion auf die zunehmende Gewalt gegen Mitarbeiter der Deutschen Bahn testet das Unternehmen einem Bericht zufolge kleine Körperkameras. Im ersten Halbjahr habe es 950 solche Angriffe – zehn Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum – gegeben, von denen vor allem Sicherheitskräfte betroffen gewesen seien… Deshalb würden nun einige der insgesamt 3700 Sicherheitskräfte mit sogenannten Bodycams an der Jacke ausgerüstet, die das Geschehen live auf einen Monitor übertragen… getestet wird dem Bericht zufolge erst einmal auf Berliner Bahnhöfen, danach sollen weitere Bahnhöfe folgen…“
Die Deutsche Bahn nutzt ganz offensichtlich die gleiche Salami-Taktik wie die hessischen „la wand order“-Innenminister Rhein und Beuth: Zuerst ein Pilotversuch, dann die systematische Nutzung neuer technischer Überwachungsmöglichkeiten.
Wann werden private Security-Unternehmen auch auf die Idee kommen, ihre bei Grußereignissen (Volksfesten, Musikfestivals etc.) eingesetzten MitarbeiterInnen auch mit Body-Cams auszurüsten? Alles zum Schutz der MitarbeiterInnen und der Überwachten?
Body-Cams sind ein Eingriff in das Grundrecht der überwachten BürgerInnen auf informationelle Selbstbestimmung!
Unter der Überschrift „Vollzugspolizeiliche ‚Body-Cams‘ – ein Mittel zur Herstellung der informationellen Waffengleichheit zwischen Polizei und Bürger?“ setzt sich der Jurist Dennis-Kenji Kipker von der Uni Bremen mit verfassungsrechtlichen Fragen auseinander. Er kommt zu interessanten Feststellungen: „Mit dem Einsatz der Body-Cams sind zahlreiche verfassungsrechtliche Probleme verbunden, indem durch ihre Aktivierung ein Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen erfolgt. So stellen sich zunächst Fragen der Gesetzgebungskompetenz der Länder aufgrund der Doppelfunktionalität der polizeilichen Videoaufnahmen, welche sowohl für Zwecke der Gefahrenabwehr wie auch für die Strafverfolgung eingesetzt werden können… Vor allem aber die Verhältnismäßigkeit des Body-Cam-Einsatzes erscheint zurzeit fraglich. So ist im Rahmen der hier vorzunehmenden Interessenabwägung nicht nur der Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Polizeibeamten zu berücksichtigen, sondern auch der Persönlichkeitsschutz des Bürgers. Die derzeitigen Regelungen berücksichtigen diesen leider nur in einem unzureichenden Maße… Aufgrund der Einseitigkeit der hoheitlichen Videoüberwachung müssen dem Bürger zudem bessere Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, um seine datenschutzrechtlichen Betroffenenrechte gegenüber den Polizeibehörden wie Auskunfts-, Berichtigungs- und Löschungsansprüche geltend zu machen. Die bisher lediglich vorgesehene Hinweispflicht seitens des kameraführenden Beamten, dass eine Videoaufzeichnung stattfindet, kann diesen Anforderungen nicht genügen…“ Der Beitrag ist in Gänze auf der Homepage der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz e.V. (EAID) veröffentlicht.