Spahn und von der Leyen: Ein neuer (Irr-)Weg Europas im Umgang mit Daten!
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und die künftige Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen haben in der Frankf. Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 11.10.2019 einem gemeinsamen Beitrag unter der Überschrift „Ein neuer Weg Europas im Umgang mit Daten“ veröffentlicht. Ihr Thema: Personenbezogene Daten, ihre wirtschaftliche Nutzung und ihren (veränderten bzw. verringerten) Schutz.
Eingangs stellen die beiden Autor*innen fest: „Bislang dominieren beim Umgang mit Daten zwei Modelle die Welt. China hat Daten und ihren Nutzen vollkommen verstaatlicht. Was erhoben, ausgewertet und gespeichert wird, entscheiden nicht die Bürger, sondern der Apparat… Der Umgang der USA mit Daten hingegen ist eher marktgetrieben: Der Staat hält sich weitgehend raus. Mit Daten wird in erster Linie Geld verdient, viel Geld…“ Zu Recht erklären sie: „Beides kann kein Weg für Europa sein.“
Doch was sie als Alternative anzubieten haben ist neben vielem Wortgeklingel eine deutliche Absage an die Grundsätze der Europ. Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO),
die insbesondere auch für Gesundheits- und Behandlungsdaten einen sehr hohen Schutzwall darstellen (Art. 9 DSGVO): “Wir müssen lernen, das große Potenzial der Datenschätze besser auszuschöpfen, aber zum Wohle der Gesellschaft und der Gemeinschaft. Insbesondere personalisierte Daten müssen vor Missbrauch geschützt sein. Das muss der Staat garantieren. Dazu braucht er klar definierte Prozesse, Auflagen und Regeln. Diese Qualitätssicherung gilt es zu entwickeln. Wir wollen einen verantwortlichen Umgang mit Daten, der sich am Gemeinwohl orientiert… Der marktwirtschaftliche Wettbewerb um die Nutzung von Daten sollte davon getrieben sein, welcher gesellschaftliche Mehrwert daraus entsteht. Es wäre das Modell einer Art der Sozialen Marktwirtschaft für den europäischen Datenraum..“
Und dann konkret: „Im deutschen Gesundheitssystem streben wir eine staatliche Sammlung von Daten an… Das ist das Prinzip, nach dem wir als Europäer vorgehen sollten: Wir müssen handeln, notfalls dezentral und ohne einen bis ins letzte Detail fertigen Plan… Europa braucht jetzt einige, die mit Mut vorangehen, Erfahrungen sammeln, auch Fehler einkalkulieren und für andere den Weg ebnen. Das große Ziel ist ein lohnendes: Ein moderner und hochproduktiver Umgang mit Daten…“
Im Klartext: Jens Spahn und Ursula von der Leyen wollen für die deutsche und europäische Pharma- und IT-Gesundheitsindustrie und die von ihnen abhängigen und/oder finanzierten Forschungseinrichtungen bessere Zugangsmöglichkeiten zu Gesundheits- und Behandlungsdaten der Menschen in Deutschland und Europa durchsetzen.
Und Spahn tut bereits sehr viel, um dieses Ziel auf nationaler Ebene erreichbar zu machen. Deutlich wird dies insbesondere an einem seiner letzten Gesetzesvorhaben, dem „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale Versorgung-Gesetz – DVG)“. Die Digitale Gesellschaft e. V. hat in einer Stellungnahme für den Gesundheitsausschuss des Bundestags u. a. auf drei Punkte hingewiesen, bei denen mit dem neuen Gesetz – sollle es verabschiedet werden – der Schutz von Gesundheits- und Behandlungsdaten massiv gefährdet ist:
- Digitale Gesundheitsanwendungen ohne Datenschutz
- Profiling mit Gesundheitsdaten durch die Krankenkassen
- Zentralisierung von Gesundheitsdaten
https://www.gesundheitsdaten-in-gefahr.de/petition/online-petition/